Es ist eine Auszeichung, die niemand will. Der rostige Paragraf prämiert jährlich das «unnötigste und dümmste Gesetz». Diesjähriger Preisträger: Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und dessen Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch. Grund: Dank den Bundesbeamten braucht es künftig eine Gebrauchsanweisung für Grillhandschuhe.
Gestern wurde die Trophäe in Zürich feierlich verliehen – jedoch ohne Gewinnerin. Seco-Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch verzichtete auf die Ehrung. Ganz bewusst! «Die Verordnung ist sinnvoll», erklärt Seco-Sprecherin Isabel Herkommer das Fernbleiben ihrer Chefin. Sie «verdiene deshalb keinen rostigen Paragrafen!»
Gregor Rutz ist «tief erschüttert»
Der Schirmherr der Schmäh-Auszeichung, SVP-Nationalrat Gregor Rutz, sieht dies anders: «Dass Frau Ineichen nicht bereit war, an unserer Veranstaltung teilzunehmen, hat mich erschüttert», so der Zürcher. «Genau diese fehlende Selbstkritik in der Verwaltung führt letztlich zur beschriebenen Paragrafenflut.»
Die «Verweigerungshaltung» des Seco sei bei der Preisverleihung von den «370 Teilnehmern nicht verstanden worden», betont Rutz. «Man kann nicht beteuern, man sei für Deregulierung, wenn man sich kritischen Fragen nicht stellen will. Diese Leute sind mit Steuergeldern bezahlt und damit verpflichtet, sich der öffentlichen Diskussion zu stellen.»
Dass man Produktevorschriften da und dort vereinheitlichen möchte, verstehe er als Unternehmer gut. «Aber dass Grillhandschuhen künftig eine Gebrauchsanweisung beiliegen muss, ist völlig absurd. Mit solch blöden Gesetzen machen sich die Behörden lächerlich.»
Er rechnet vor: «Die Gesetzesflut nimmt immer mehr zu, derzeit liegen wir bei 120 Seiten pro Woche!»
Das Seco verteidigt den Grillhandschuh-Paragrafen
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft «begrüsst man es, wenn die Diskussion über den Sinn von unnötigen gesetzlichen Regelungen angeregt wird». Man sei «grundsätzlich auch offen gegenüber der Verleihung des rostigen Paragrafen.» Doch das ist auch schon alles an Verständnis für die Auszeichnung. «In diesem Fall sind wir aber der Überzeugung, dass das Beispiel schlecht gewählt und recherchiert wurde!»
Gründe: «Wissenschaftliche Unterlagen belegen, dass durch falsches Material in den Grill- und Ofenhandschuhen schwere Verbrennungen an den Händen entstehen können. Solche Verbrennungen sollen zukünftig vermieden werden.»
Sprecherin Isabel Herkommer betont: «Die Vorschriften über die persönlichen Schutzausrüstungen existieren in der Schweiz bereits seit über 20 Jahren!» Dank ihnen werden beispielsweise Bau, Ski- und Reithelme, Schutzanzüge, Skibrillen, Schnittschutzhosen für Waldarbeiter und Klettersteigsets für Bergsteiger kontrolliert. Würden diese Produkte einfach so auf den Schweizer Markt kommen, würde das Leben gefährden.
Sie führt aus: «Das Seco ist dort aktiv, wo Entlastungen wirklich Sinn machen. Indem sie Verbrennungen an Händen vermeiden will, erfüllt aber diese Verordnung aus unserer Sicht einen sinnvollen Zweck und verdient deshalb keinen rostigen Paragrafen.»
Nationalrat Gregorz Rutz hält dagegen: «Solche Vorschriften haben nichts mit Konsumentenschutz zu tun – da wird der Bürger schlicht als Idiot dargestellt.»