Rekrutierungszahlen völlig eingebrochen, Schutz der Bevölkerung in Gefahr
Alarm beim Zivilschutz

Statt der nötigen 6000 Zivilschützer wurden vergangenes Jahr nur 3700 Neuzugänge rekrutiert. Der massive Rückgang ist Wasser auf die Mühlen von allen, die Guy Parmelins Entwurf des neuen Zivilschutzgesetzes kritisieren.
Publiziert: 22.02.2019 um 23:27 Uhr
|
Aktualisiert: 22.02.2019 um 23:35 Uhr
1/11
Gähnende Leere wie hier in der Zivilschutzanlage in Köniz im Kanton Bern. Ist das die Zukunft?
Andrea Willimann
Andrea WillimannBundeshaus-Redaktorin

Bei den Militärdirektoren der Kantone schrillen die Alarmglocken: 2018 wurden nur noch 3700 neue Zivilschützer rekrutiert! Das bestätigt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) auf BLICK-Anfrage. Ein regelrechter Absturz: 2013 gab es noch 6681 neue Zivilschutzleistende, 2016 wurden 5816 rekrutiert und 2017 immerhin 4805.

Ein Problem, denn ausgebildete Leute fehlen dann auch im Fall von Naturkatastrophen. Die Folge des schrumpfenden Zivilschutzes: Schutz und Betreuung der Bevölkerung sind – trotz Armee und Polizei – nicht mehr gewährleistet.

Viele gehen direkt in den Zivildienst

Immerhin: Noch kann die Schweiz im Ernstfall auf 75'000 Zivilschützer zurückgreifen – aber nicht mehr lange, wie das Babs bestätigt: «Wenn die Rekrutierungszahlen auf derart tiefem Niveau bleiben, haben wir mittelfristig ein Problem», sagt Sprecher Kurt Münger. Denn eigentlich müssten 6000 Zivilschützer pro Jahr rekrutiert werden, um den Sollbestand von 72'000 zu halten.

Die Gründe für den Rückgang sind zahlreich. So wählen immer mehr Stellungspflichtige direkt den Zivildienst. Ebenso wechselten in den vergangenen Jahren weniger Abbrecher der Rekrutenschulen zum Zivilschutz. Und weil die Armee die Anforderungen an die Fitness gesenkt hat, wurden weniger für dienstuntauglich erklärt.

Nun haben die Kantone Alarm ausgelöst: Die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr hat dafür gesorgt, dass die vom ehemaligen Verteidigungsminister Guy Parmelin (59, SVP) aufgegleiste Reform des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes verzögert wird. Auf Antrag der Sicherheitspolitischen Kommission wird eine Unterkommission eingesetzt, die sich das ganze nochmals anschauen soll.

Kantone will die wenigen Zivilschützer nicht noch dem Bund abgeben

Woran sich die Kantone besonders stören: Trotz der Rekrutierungsprobleme beansprucht der Bund eigene Zivilschutzleistende für sich. Etwa für den Strahlenschutz. Die Kantone fordern, dass der Bund sich künftig Zivilschützer nur via Leistungsvereinbarungen auslehnen darf und das Gesetz zusätzlich Massnahmen enthält, um den Bestand der Zivilschützer langfristig zu sichern. 

Werbung

Gut möglich ist, dass nun eine alte Forderung der Kantone wieder auf den Tisch kommt: Zivilschutz und Zivildienst sollen zu einem «Katastrophenschutz» zusammengelegt werden. Damit gebe es eine Organisation mit genügend Ressourcen für den Ernstfall.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Alle Kommentare