Jetzt wird diskutiert! Der Bundesrat hat am Mittwoch offiziell die Konsultation zum Rahmenabkommen eröffnet. Bis Mitte März will die Landesregierung «dem Land den Puls fühlen», wie Staatssekretär Roberto Balzaretti (54) am Dienstag in Bern sagte.
Und zwar bei einem Thema, bei dem der Puls bei den meisten im Land in die Höhe schnellt. Denn Balzaretti ist Chefunterhändler für das Rahmenabkommen mit der EU – und sein Meisterstück findet in der Schweiz nur wenig Applaus. Die Rechte lehnt das Abkommen aus Angst vor einem Souveränitätsverlust ab, die Linke, weil sie um die hohen Schweizer Löhne fürchtet. Und in der Mitte häufen sich Bedenken wegen «fremder Richter».
Bundesräte setzen sich persönlich ein
Doch noch will die Landesregierung nicht aufgeben. Deshalb bietet sie alle «betroffenen Kreise» zu Gesprächen auf: die aussen- und wirtschaftspolitischen Kommissionen des Parlaments, die Kantone, die Parteien, die Sozialpartner, die Wirtschaft und die Wissenschaft. Sie sollen ihre Meinung zum Rahmenabkommen abgeben.
Weil der Vertragstext so technisch ist, werden sie dabei von Fachpersonen wie Balzaretti unterstützt – und von Bundesräten: entweder von Bundespräsident Ueli Maurer (68, SVP), von Wirtschaftsminister Guy Parmelin (59, SVP) oder von Aussenminister Ignazio Cassis (57, FDP). Der Plan ist gar, dass bei jedem Treffen möglichst zwei Bundesräte am Tisch sitzen.
Doch Balzaretti verhehlt auch nicht, dass der Bundesrat in den Diskussionen für das Abkommen weibeln will. «Der Bundesrat betrachtet 80 Prozent des Texts als den Wünschen der Schweiz entsprechend», so der Staatssekretär.
Im Sommer will der Bundesrat entscheiden
Nach den Treffen erwartet der Bundesrat von den Konsultierten schriftliche Stellungnahmen zum Abkommen – um darauf gestützt zu entscheiden, was er mit dem Abkommen machen soll: Unterschreiben oder in den Rundordner werfen. Oder aber doch zu versuchen, noch etwas rauszuholen in Brüssel.
Von dieser Möglichkeit geht Balzaretti derzeit allerdings nicht aus. Die Möglichkeit, dass Brüssel bei Kleinigkeiten noch einlenken könnte, wollte «Mister Europa» zwar nicht ganz ausschliessen. Aber: «Wir sollten nicht davon ausgehen, sondern uns daran orientieren, was auf dem Tisch liegt und was die EU gesagt hat – nämlich dass das Abkommen aus ihrer Sicht fertig verhandelt ist.» Balzaretti äusserte sich auch skeptisch darüber, dass es der Schweiz neue Möglichkeiten eröffnet, wenn der geordnete Brexit scheitert.
Maurer lässt sich nicht in die Karten schauen
Ähnlich verhalten ist Bundespräsident Maurer. «Fragen Sie mich in einigen Monaten nochmals», sagte er zu BLICK auf die Frage, ob mit dem Brexit-Chaos Nachverhandlungen für Bern drinliegen. «Ich denke, dass wir danach konkrete Kritikpunkte und Forderungen auf dem Tisch haben werden», so Maurer.
Die Zwischenzeit wird der Bundesrat aber auch nutzen, um weiterhin im Gespräch zu bleiben mit der EU-Kommission. Maurer will am WEF in Davos mit EU-Vertretern zusammenkommen. Das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums geht kommende Woche über die Bühne.
Die EU hat genug von der «Rosinenpickerei» der Schweiz und fordert: Wenn ihr neue Abkommen wollt, dann müssen wir sicherstellen, dass ihr Änderungen des EU-Rechts übernehmt. Es soll nicht bei jedem Abkommen nachverhandelt werden, sondern das soll mehr oder weniger automatisch passieren.
Das Rahmenabkommen soll die bilateralen Verträge in einen Rahmen einbetten. Dieser regelt:
- Wie Abkommen angepasst werden, wenn sich das EU-Recht entwickelt.
- Wer überwacht, dass beide Seiten die Abkommen richtig anwenden.
- Wie wird sichergestellt, dass beide Seiten die Abkommen gleich auslegen.
- Wer richtet, wenn es Streit über diese Fragen gibt.
Umstritten ist vor allem der letzte Punkt. In der Schweiz will man nicht, dass EU-Richter, also «fremde Richter» Streitfragen entscheiden. Der Bundesrat konnte ein Schiedsgericht aushandeln. Dieses wäre zu gleichen Teilen mit Schweizer und EU-Richtern besetzt. Die Schiedssprüche sind verbindlich. Setzt die unterlegene Partei diese nicht um, kann die andere Partei Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Diese müssen aber «verhältnismässig» sein. Sie dürfen also nicht völlig unangebracht drastisch ausfallen. Bestimmte Entscheide könnten zudem vom Europäischen Gerichtshof gefällt werden.
Umstritten ist auch der Geltungsbereich des Abkommens. Die EU verlangt etwa, dass die Schweiz ihren Lohnschutz anpasst. Weitere Knackpunkte sind Staatsbeihilfen, etwa für Energieversorger oder Staatsgarantien für Banken sowie die Unionsbürgerrichtlinie, mit der EU-Bürger schneller Zugang zur Sozialleistungen erhalten würden.
Die EU hat genug von der «Rosinenpickerei» der Schweiz und fordert: Wenn ihr neue Abkommen wollt, dann müssen wir sicherstellen, dass ihr Änderungen des EU-Rechts übernehmt. Es soll nicht bei jedem Abkommen nachverhandelt werden, sondern das soll mehr oder weniger automatisch passieren.
Das Rahmenabkommen soll die bilateralen Verträge in einen Rahmen einbetten. Dieser regelt:
- Wie Abkommen angepasst werden, wenn sich das EU-Recht entwickelt.
- Wer überwacht, dass beide Seiten die Abkommen richtig anwenden.
- Wie wird sichergestellt, dass beide Seiten die Abkommen gleich auslegen.
- Wer richtet, wenn es Streit über diese Fragen gibt.
Umstritten ist vor allem der letzte Punkt. In der Schweiz will man nicht, dass EU-Richter, also «fremde Richter» Streitfragen entscheiden. Der Bundesrat konnte ein Schiedsgericht aushandeln. Dieses wäre zu gleichen Teilen mit Schweizer und EU-Richtern besetzt. Die Schiedssprüche sind verbindlich. Setzt die unterlegene Partei diese nicht um, kann die andere Partei Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Diese müssen aber «verhältnismässig» sein. Sie dürfen also nicht völlig unangebracht drastisch ausfallen. Bestimmte Entscheide könnten zudem vom Europäischen Gerichtshof gefällt werden.
Umstritten ist auch der Geltungsbereich des Abkommens. Die EU verlangt etwa, dass die Schweiz ihren Lohnschutz anpasst. Weitere Knackpunkte sind Staatsbeihilfen, etwa für Energieversorger oder Staatsgarantien für Banken sowie die Unionsbürgerrichtlinie, mit der EU-Bürger schneller Zugang zur Sozialleistungen erhalten würden.