Rechtskonservativer Kurs
In Japan führt eine Frau erstmals die Regierungspartei

Die erzkonservative Takaichi wurde zur neuen LDP-Chefin gewählt und könnte Japans nächste Regierungschefin werden. Sie plant einen rechtskonservativen Kurs und steht für eine harte Haltung gegenüber China sowie eine kritische Sicht auf Zuwanderung.
Publiziert: 09:57 Uhr
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Aktualisiert: 11:38 Uhr
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Die neu gewählte Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei Japans (LDP), Sanae Takaichi, schüttelt Ministerpräsident Shigeru Ishiba die Hand.
Foto: KIM KYUNG-HOON
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Mit der ehemaligen Innenministerin Sanae Takaichi ist erstmals eine Frau zur Vorsitzenden von Japans regierender Liberaldemokratischen Partei (LDP) gewählt worden. Damit wird sie mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die erste japanische Ministerpräsidentin werden.

In einer Stichwahl konnte sich die erzkonservative 64-jährige Takaichi mit 185 Stimmen gegen den moderaten Kandidaten Shinjiro Koizumi durchsetzen, der auf 156 Stimmen kam. Das Wahlergebnis setzt sich sowohl aus Stimmen von LDP-Parteiabgeordneten sowie aus Stimmen einfacher Parteimitglieder zusammen.

Zwar hat die Koalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito im Juli bei der Wahl zum Oberhaus die Mehrheit verloren und stellt seither nur noch eine Minderheitenregierung. Dennoch dürfte die LDP-Chefin aller Wahrscheinlichkeit nach im Parlament ebenfalls zur Regierungschefin gewählt werden. Das zersplitterte Oppositionslager müsste sich alternativ auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, was zurzeit als nicht möglich erscheint. Es wird erwartet, dass über den Posten des Ministerpräsidenten am 15. Oktober entschieden wird.

Inflation und Einwanderung geben rechten Kleinparteien Aufwind

Für Japan wäre es der vierte Ministerpräsident in nur fünf Jahren. Zuletzt war Shigeru Ishiba Anfang September nach weniger als einem Jahr im Amt zurückgetreten. Er begründete seine Entscheidung mit der historischen Wahlniederlage seiner Partei bei der Oberhauswahl im Juli.

Grund für die Unzufriedenheit vieler Japaner mit ihrer Regierung waren die während der letzten Jahre stark angestiegenen Preise sowie die zunehmende Einwanderung von Migranten. Zuletzt haben rechtspopulistische Kleinparteien, vor allem die offen ausländerfeindliche Sanseito, an Beliebtheit gewonnen.

Takaichi pilgerte zu Kriegsschrein

Takaichi dürfte die LDP nach dem vergleichsweise liberalen Shigeru Ishiba nun wieder auf einen rechtskonservativen Kurs führen. Sie hat sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch gegenüber Zuwanderung geäussert und vertritt einen harten politischen Kurs gegenüber der Volksrepublik China. Als Verbündete des 2022 ermordeten Ex-Premiers Shinzo Abe teilt sie auch dessen nationalistische und revisionistische Ansichten.

So ist Takaichi unter anderem bekannt für Pilgergänge zum umstrittenen Kriegsschrein Yasukuni in Tokio. In dem Shinto-Heiligtum wird der in Kriegen für das japanische Kaiserreich Gestorbenen gedacht – darunter auch verurteilte und hingerichtete Kriegsverbrecher. Für Kritiker ist der Yasukuni-Schrein in Tokio ein Symbol des ehemaligen Militarismus. Besuche japanischer Politiker und Opfergaben in dem Schrein lösten in der Vergangenheit wiederholt Spannungen mit China und Südkorea aus, gegen die Japans Aggressionen im Zweiten Weltkrieg gerichtet waren.

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