Die FDP von Präsidentin Petra Gössi (43) ist die einzige Bundesratspartei, die sich hinter das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU stellt und keine Nachverhandlungen fordert.
Jetzt geht die Parteispitze noch einen Schritt weiter. «Der Bundesrat muss irgendwann Farbe bekennen und entweder die Übung abbrechen oder den echten Prozess ins Rollen bringen», sagt Fraktionschef Beat Walti (50) zu BLICK. «Und das geht nur, indem er das Abkommen unterzeichnet.»
Bundesrat soll vorwärtsmachen
Die Konsultationen, die der Bundesrat derzeit mit Sozialpartnern, Parteien und Kantonen durchführt, seien zwar «sicher gut und recht». Aber sie fänden im luftleeren Raum statt – ausserhalb der normalen Spielregeln.
Tatsächlich: Solche Konsultationen gehören nicht zum politischen Standard-Repertoire. Hier setzt die FDP an: Eine wirkliche Diskussion könne erst entstehen, wenn der Bundesrat eine Botschaft ans Parlament ausarbeitet. Und dazu muss er zunächst unterschreiben.
Und zwar schnell. Inhalt gehe zwar vor Zeit, sagt Walti. Aber auch die lange Bank habe ihren Preis: «Wenn wir nicht vorwärtsmachen, werden wir schon in den nächsten Monaten weitere schmerzhafte Nadelstiche spüren: bei der Börsenäquivalenz, bei der Forschungszusammenarbeit und in der Medizinaltechnik-Branche. Ein rechtzeitiger Entscheid ist darum wichtig.»
«So rechtsverbindlich wie möglich»
Das Vorpreschen bedeutet allerdings nicht, dass die FDP bis zum Schluss bei ihrem «Ja aus Vernunft» bleiben wird. Das zeigt die Stellungnahme der FDP zuhanden des Bundesrats, die BLICK vorliegt. Darin fordert sie in drei Punkten «Konkretisierungen» des Rahmenabkommens:
- Unionsbürgerrichtlinie: Die Personenfreizügigkeit soll auf den Arbeitsmarkt beschränkt sein. Mehr Aufenthalts- oder soziale Rechte (etwa früheres Anrecht auf Sozialhilfe) für EU-Bürger soll es nicht geben. Das müsse der Bundesrat klarstellen.
- Lohnschutz: Das schweizerische System der Sozialpartnerschaft wird durch Brüssel nicht eingeschränkt.
- Guillotine-Klausel: Die EU soll keinen dem Rahmenabkommen unterstehenden Vertrag kündigen dürfen, nur weil die Schweiz EU-Recht nicht übernehmen will.
Neu ist, dass Konkretisierungen «so rechtsverbindlich wie möglich» erfolgen sollen, wie im Papier steht. «Das heisst: schriftlich festgelegt und in Brüssel deponiert», sagt Walti und ergänzt: «Die positive Haltung der FDP hängt auch davon ab, ob das in ausreichendem Masse gelingt.»
Protokolle und Anhänge als Ausweg?
Nachverhandlungen schliesst Walti zwar aus – die EU habe bereits klargestellt, dass es beim Abkommenstext nichts nachzuverhandeln gibt. Der Text lasse aber an vielen Orten Spielraum offen, wo solche Klärungen möglich seien. Die Idee dahinter: Nicht am Vertragstext an sich, aber bei den Protokollen und Anhängen liesse sich noch etwas herausholen. Eine Vorstellung, die auch von Wirtschaftskreisen mitgetragen wird.
Deshalb müsse der Bundesrat nun vorwärtsmachen, so Walti: «Diese Konkretisierungen sind nur dann verbindlich und nützlich, wenn der Bundesrat das Abkommen unterzeichnet und damit die innenpolitische Diskussion startet.»