Zuerst im Wallis, nun in Graubünden: In beiden Bergkantonen wurde illegal ein Wolf abgeschossen. Bei Pro-Natura-Präsidentin und SP-Nationalrätin Silva Semadeni (GR) sorgen die Abschüsse für Empörung. «Ich bin bestürzt, dass zu solchen Methoden gegriffen wird – in einer Woche schon zum zweiten Mal», sagt sie zu BLICK. Es sei wichtig, dass der Kanton Graubünden Anzeige erstattet habe. Auch wenn es nicht immer gelinge, die Wilderer zu finden, so zeige dies deutlich, dass es sich nicht um Kavaliersdelikte handle.
«Die Hetze gegen die Grossraubtiere, die in letzter Zeit von gewissen Kreisen – auch im Ständerat - gemacht wurde, führt eben zu solchen Taten», urteilt Semadeni. Tatsächlich hat die kleine Kammer gerade erst letzte Woche eine emotionale Debatte über den Wolf geführt.
Im Fokus stand dabei der Walliser CVP-Ständerat Beat Rieder. Er hatte die Motion seines Vorgängers René Imoberdorf übernommen und verteidigt, welche den Wolf als «jagdbare Tierart» einstufen wollte. Der Ständerat lehnte den Vorstoss mit 26 zu 17 Stimmen ab.
Rieder: «Ich habe schon damals gewarnt»
Zum Leidwesen Rieders. «Ich habe schon damals gewarnt, dass sich die Betroffenen wehren und sich selber helfen werden, wenn die Politik sie nicht ernst nimmt», sagt er. Die nun gewilderten Wölfe sieht er als «Konsequenz einer verfehlten Politik in Bundesbern».
Er wolle die illegalen Abschüsse nicht rechtfertigen, betont Rieder: «Sie sind der völlig falsche Weg. Wir brauchen aber eine rechtlich einwandfreie Lösung.» Sprich: «Es braucht eine sinnvolle Regulierung der Wolfsbestände in der alleinigen Verantwortung der betroffenen Kantone – so wie das zum Beispiel auch beim Steinbock der Fall ist.» Unter den heutigen Bedingungen sei ein legaler Abschuss faktisch nahezu unmöglich. «So kann es einfach nicht weitergehen!»
Semadeni macht derweil klar: «Es gibt keinen Grund für Selbstjustiz. Spätestens nach dem letzten, klaren Entscheid des Ständerates steht fest, dass der Wolf nicht wieder ausgerottet werden darf.» Zudem habe das Parlament bereits einen Vorstoss überwiesen, welche zusätzliche Abschussmöglichkeiten vorsehe. «Das geht schon sehr weit», so Semadeni, die den Kompromiss unterstützt hat. Die Wolfsgegner müssten sich von diesen Abschüssen distanzieren, «wenn sie in der Wolfsdiskussion weiterhin mitreden wollen. Wir brauchen tragbare und vernünftige Lösungen.»
Verhärtung der Fronten?
Kommt es nach den Abschüssen zu einer Verhärtung der Fronten? «Was ich nach der Wolfs-Debatte an radikalisierten Schreiben seitens der Wolfsfreunde erhalten habe, ist fast nicht mehr zu toppen», meint Rieder lakonisch. «Dabei fordere ich nur eines: Eine nüchterne Betrachtung der Wolfs-Problematik.»
Semadeni hofft derweil, «dass die natürliche Rückkehr der Grossraubtiere als Chance verstanden wird».