Darum gehts
Am 28. Juni wählen die Mitte-Delegierten die Nachfolge von Parteichef Gerhard Pfister (62). Bis am 28. April läuft die Bewerbungsfrist. Der Walliser Nationalrat und Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (46) gilt als Favorit für den Chefposten. Nun wirft er offiziell seinen Hut in den Ring.
Blick trifft Bregy in Bern zum Interview, bevor er in den nächsten Tagen mit einer parlamentarischen Delegation nach Japan reist. Dabei erklärt er, weshalb er die rechte Mehrheit im Bundesrat brechen will und wie er zum EU-Deal steht.
Blick: Herr Bregy, Sie werden als Favorit für die Nachfolge von Gerhard Pfister gehandelt. Treten Sie an?
Philipp Matthias Bregy: Ja, ich kandidiere. Obwohl es durchaus eine grosse Herausforderung ist, in die Fussstapfen von Gerhard Pfister zu treten. Der Rollenwechsel vom Fraktions- zum Parteipräsidenten kann aber für die Partei insofern eine Chance sein, da er für Stabilität sorgt, weil ich bereits jetzt eine Führungsaufgabe in Bern wahrnehme.
Kritiker monieren, dass in den Spitzengremien mehr Frauen vertreten sein müssen. Werden Sie zum Frauenverhinderer?
Die Mitte ist gerade dank starken Frauen erfolgreich und wird auch künftig Frauen in zentralen Rollen positionieren. Eine Parteipräsidentin wäre eine Option, ist aber nicht zwingend. Sollte mir die Wahl gelingen, wäre zum Beispiel denkbar, dass wiederum eine Frau das Fraktionspräsidium übernimmt. Das entscheide aber nicht ich, sondern die Bundeshausfraktion.
Bei der Nachfolge für Viola Amherd (62) haben Sie aus familiären Gründen abgesagt. Nun lassen Sie die Familie für das Parteipräsidium im Stich?
Auf keinen Fall! Sie wissen, meine Familie ist mir sehr wichtig! Die Jobs als Bundesrat oder Parteipräsident sind nicht vergleichbar. Als Bundesrat gibt man sein Privatleben praktisch auf und ist 365 Tage im Jahr fremdbestimmt. Als Parteipräsident ist man zwar zeitlich stark belastet, aber man kann sich Freiräume schaffen. Genügend Zeit für die Familie muss weiterhin möglich sein.
Das Okay Ihre Familie haben Sie?
Ja. Wir haben das Thema offen diskutiert.
Die Mitte hat wiederholt ihren Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz formuliert. Nach dem Mitte-Murks um die Amherd-Nachfolge scheint dieser Anspruch hinfällig.
Das war doch kein Murks! Wir haben zwei ausgezeichnete Kandidaten präsentiert. Zudem muss es unser primäres Ziel sein, in allen Regionen und Landesteilen weiterzuwachsen. Alles andere ist dann eine Konsequenz davon. Aber klar, dem Bundesrat würde es guttun, wenn weder rechts noch links eine absolute Mehrheit stellen.
Nachdem Viola Amherd (62) in den Bundesrat gewählt wurde, rutschte der Oberwalliser Philipp Matthias Bregy (46) im März 2019 für diese in den Nationalrat nach. 2021 übernahm er das Fraktionspräsidium der Mitte. Für Furore sorgte er mit seinem erfolgreichen Kampf für den Zwei-Röhren-Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels. Bregy arbeitet als Rechtsanwalt, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Mit seiner Familie lebt er in Naters VS.
Nachdem Viola Amherd (62) in den Bundesrat gewählt wurde, rutschte der Oberwalliser Philipp Matthias Bregy (46) im März 2019 für diese in den Nationalrat nach. 2021 übernahm er das Fraktionspräsidium der Mitte. Für Furore sorgte er mit seinem erfolgreichen Kampf für den Zwei-Röhren-Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels. Bregy arbeitet als Rechtsanwalt, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Mit seiner Familie lebt er in Naters VS.
Auch mit einem grünen Sitz zulasten der FDP würde die rechte Mehrheit durchbrochen.
Rechts ist mit vier SVP/FDP-Sitzen aktuell übervertreten, Links-Grün wäre es mit drei Sitzen ebenso. Für die Mitte müssen Parlamentswahlen Folgen für die Zusammensetzung der Regierung haben. Unser Parteipräsident hat deshalb eine parlamentarische Initiative eingereicht, dass Bundesräte grundsätzlich am Ende der Legislatur zurücktreten sollten.
Unter Pfister konnte die Mitte den Wähleranteil stabilisieren. Wie wollen Sie nun Zugewinne schaffen?
Pfister hat die Partei mehr als stabilisiert. Er hat die Fusion aus CVP und BDP geschafft und die Fusionsgewinne nicht nur gehalten, sondern den Wähleranteil leicht ausgebaut. Das ist einmalig in der Schweiz! Wir müssen den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen und nun sukzessive weiterwachsen. Schnelle Zugewinne sind in der Schweiz aber eher selten, dessen bin ich mir sehr wohl bewusst.
Haben Sie auch den Ehrgeiz, die FDP zu überholen?
(Lacht.) Wir überholen jede Partei, die wir überholen können. Im Ernst: Wir sollten uns weiterhin auf uns fokussieren und gute Arbeit leisten.
Ein grosses Thema ist derzeit die Finanzierung der AHV. Im Ständerat zeichnet sich ein Mitte-links-Deal aus zusätzlichen Lohnprozenten und höherer Mehrwertsteuer ab. Tragen Sie den mit?
Die Mitte hat immer gesagt, dass es einen Mix braucht, um die Belastung gerechter zu verteilen. Das bedeutet, dass wir an den Stellschrauben Lohnprozente und Mehrwertsteuer drehen müssen. Ich finde es gut, dass die ständerätliche Sozialkommission bereits antizipiert, dass nicht nur die 13. AHV-Rente, sondern auch unsere Initiative für bessere Ehepaarrenten finanziert werden muss. Zudem sollten wir die Idee einer möglichen Finanzmarkttransaktionssteuer nicht aus den Augen verlieren.
Kommt auch ein höheres Rentenalter infrage?
Das höhere Frauenrentenalter hat nur hauchdünn eine Mehrheit erreicht, eine allgemeine Erhöhung hat das Stimmvolk deutlich abgelehnt. Der Volkswille ist damit klar. Politik ist nicht das Mögliche, sondern das Machbare.
Ihre AHV-Initiative könnte einen Gegenvorschlag erhalten. Eine Deckelung der Ehepaarrenten etwa auf 175 statt wie heute 150 Prozent. Bieten Sie Hand zu einem solchen Kompromiss?
Ich spüre sehr viel Sympathie für unsere Initiative. Wir wollen eine Ungerechtigkeit abschaffen, indem es für Ehepaare je eine volle Rente gibt. Volle Gerechtigkeit schafft nur unsere Initiative.
Ein grosses Thema ist auch die Europa-Frage. Unterstützen Sie den neuen EU-Deal?
Wir liegen geografisch mitten in Europa, und die EU ist unsere wichtigste Handelspartnerin, deshalb sind gute Beziehungen zur EU wichtig. Wir kennen das Verhandlungsergebnis noch nicht im Detail. Was bisher aber vorliegt, ist besser als die Vorschläge, die auf dem Tisch lagen, als der Bundesrat 2021 die Verhandlungen abbrach. Darauf lässt sich aufbauen und die parlamentarische Debatte starten. Mit einer sachlicheren Diskussion können wir zu einem guten Ergebnis kommen, über das das Volk voraussichtlich im Jahr 2028 entscheidet.
Das tönt nach einem Ja.
Wir werden das Verhandlungsergebnis diskutieren. Ich sehe aber eine gute Basis für eine positive Diskussion. Am Schluss wird das Gesamtpaket entscheidend sein.
Falls es mit der Präsidentenwahl doch nicht klappt, werfen Sie dann als Fraktionschef hin?
Nein, warum auch? In einem demokratischen Rennen kann man gewinnen oder verlieren. Entscheiden sich die Delegierten für eine andere Kandidatur, werde ich den Entscheid akzeptieren und mich auf das Fraktionspräsidium fokussieren und weiterhin vollen Einsatz geben. Wer keine Niederlagen einstecken kann, sollte nicht für politische Ämter kandidieren.