Partner von Spion Daniel M. glaubt ihm nicht
Gab es den Finanzamt-Maulwurf gar nie?

Morgen wird die Haft des in Deutschland aufgeflogenen Schweizer Spions Daniel M. geprüft. Sein deutscher Partner sagt zum Vorwurf, M. habe in der Finanzverwaltung in Düsseldorf einen Maulwurf platziert: «Das ist eine irre, wirre, blöde Geschichte.» Jetzt will er sogar den Schweizer Nachrichtendienst verklagen.
Publiziert: 20.06.2017 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:06 Uhr
Spion Daniel M. in einem Hotel im Dezember 2014: In Deutschland mehren sich die Zweifel an seiner Geschichte.
Foto: zvg

Noch immer sitzt Daniel M. in deutscher Untersuchungshaft. Morgen Mittwoch steht beim verhafteten Schweizer Spion ein wichtiger Termin an: Seine Untersuchungshaft wird geprüft. Letzte Woche sagte sein deutscher Anwalt, M. sei zu einem Teilgeständnis bereit. Im Gegenzug hofft er darauf, dass die Deutschen dann seine Untersuchungshaft beenden.

Um Steuer-CDs ging es dabei nicht

Jetzt schreibt der «Kölner Stadt-Anzeiger», die deutschen Strafverfolger hätten ein Problem. Denn die Geschichte des Daniel M., auf der der Haftbefehl der Bundesanwaltschaft beruht, scheine zumindest in zentralen Punkten frei erfunden. Schon beim Haftprüfungstermin morgen werde sich gemäss Quellen der Kölner Zeitung womöglich herausstellen, dass die Schweizer den Spion zwar angeheuert hätten. Dann aber über deutsche Steuerbeamte für Informationen bezahlten, die konstruiert und unwahr seien.

Das sagt auch Klaus-Dieter Matschke, ehemaliger Kriminaloberrat, Sicherheitsexperte und Inhaber eines Sicherheitsunternehmens aus Frankfurt. Laut Haftbefehl soll er Daniel M. dabei unterstützt haben, «eine Quelle im Geschäftsbereich der Finanzverwaltung NRW» zu platzieren. Dies, «um unmittelbare Informationen über das Vorgehen der deutschen Behörden beim Ankauf sogenannter Steuer-CDs zu erlangen».

Dem «Kölner Stadt-Anzeiger» bestätigte Matschke, mit Daniel M. in den vergangenen Jahren «fünf oder sechs Mal zusammengearbeitet zu haben». Aber um Steuer-CDs sei es dabei nie gegangen.

Maulwurf: «Das ist eine irre, wirre, blöde Geschichte»

Matschke sagt der Zeitung: «M. kannte sich in der Schweiz bestens aus. Als ehemaliger Polizeibeamter mit viel Auslandserfahrung war er einfach gut vernetzt. Mit seiner Hilfe ist es uns beispielsweise gelungen, in der Schweiz einen Betrüger dingfest zu machen, der Anleger um 40 bis 50 Millionen Euro betrogen hat.»

Aber ein Maulwurf in der NRW-Finanzverwaltung? Im Haftbefehl gegen M., der BLICK vorliegt, heisst es, der Beschuldigte habe ausgesagt, dass Matschke Anfang des Jahres 2015 in einem Telefonat angekündigt habe, dass «die platzierte Quelle zeitnah erste Informationen liefern» werde.

Matschke sagt der Zeitung: «Das ist so eine irre, wirre, blöde Geschichte. Darüber kann man sich nur aufregen.» Kein Wort aber hätten er und M. darüber verloren, eine Quelle in der Nähe des NRW-Finanzministers zu platzieren. Die Identität des angeblichen Maulwurfs jedenfalls, so heisst es im Haftbefehl, sei nicht bekannt.

Matschke, der von den deutschen Ermittlern noch nicht vernommen wurde, steht mit seiner Einschätzung vermutlich nicht allein da. Beim Schweizer Geheimdienst NDB dürfte man das ähnlich sehen.

Das Opfer der eigenen Lügen?

Die deutschen Ermittler haben jetzt ein Problem. Ihr Haftbefehl gegen Daniel M. basiert allein auf seinen Aussagen, die er bei der Schweizer Bundesanwaltschaft geäussert hat. Dabei sei M. das Opfer seiner eigenen Lügen geworden, schreiben gemäss «Kölner Stadt-Anzeiger» auch seine Anwälte in einem Brief an den Bundesgerichtshof.

Er könne allein deshalb nicht für den Schweizer Geheimdienst deutsche Steuerfahnder identifiziert haben, weil die Schweizer Bundesanwaltschaft schon 2010 gegen drei Steuerfahnder ermittelt habe, die namentlich bekannt waren, M. sei aber erst zwei Jahre später vom gleichen Geheimdienst angeworben worden. Allein diese zeitliche Abfolge entlaste ihren Mandanten, sagen M.s Anwälte.

Auch dieser Ausgang wäre für den Schweizer Geheimdienst NDB ein Super-GAU. Denn der NDB hatte alles unternommen, um M. seriös auf seinen Job vorzubereiten.

M. wurde in einer konspirativen Wohnung trainiert, mit einem abhörsicheren und präparierten Mobiltelefon und einem verschlüsselten Laptop ausgestattet. An der Spionage-Aktion in Deutschland sollen vier Kontaktpersonen des Schweizer Geheimdienstes beteiligt gewesen sein – darunter auch der stellvertretende Leiter der Behörde. Das zeigt, welche Bedeutung der Angelegenheit beigemessen wurde. Und genau das könnte nun zum Bumerang für NDB-Chef Markus Seiler und seine Leute werden. Sie wären im Extremfall auf einen unseriösen Schwindler hereingefallen.

Matschke will gegen NDB klagen

Matschke sieht die ganze Geschichte auch als Rufschädigung. Gegenüber der «Nordwestschweiz» sagt er: «Das alles ist nachweislich falsch. Es ist Rufschädigung und führte zu einem Verdienstausfall, das kann ich anhand der Buchhaltung nachweisen. In den Monaten danach hatte ich Auftragsrückgänge zu verzeichnen, was auf die verleumderischen und rufschädigenden Behauptungen zurückzuführen ist.»

Daher will Matschke die Truppe von NDB-Chef Markus Seiler vor Gericht bringen. Der Zeitung sagte er weiter: «Ich plane, den Schweizer Nachrichtendienst auf Schadenersatz einzuklagen.» Das genaue Vorgehen lasse er derzeit juristisch prüfen. «Wir prüfen, wie hoch die Schadenersatzforderung ist. Ich gehe von etwa 200'000 Euro aus, aber das ist offen», sagt er. Klagen werde er in Deutschland, präzisiert er.

Matschke ist offensichtlich zornig. So sagte er der Zeitung weiter: «Was ich dem Schweizer Nachrichtendienst vorwerfe: Er wusste oder hätte wissen müssen, dass ich niemals für ihn gearbeitet habe. Er musste wissen, mit wem er zusammenarbeitet, alles andere wäre ja unfassbar.» Er habe ja Daniel M. nicht an einer so langen Leine führen können, dass er das nicht wusste. (hlm)

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