Herr Platzer, die Gastrobranche wird von der Pandemie besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Wie geht es den Schweizer Wirten und Hoteliers?
Casimir Platzer: Die Verzweiflung ist extrem. Umsatzeinbrüche über 70 oder 80 Prozent sind keine Ausnahme. Das ist kaum zu verkraften. In einer ersten Phase traf es namentlich jene Anbieter, die unter der Absage grosser Veranstaltungen litten. Jetzt ist es in allen Bereichen dramatisch. Und nach den neusten Massnahmen des Bundes gehe ich davon aus, dass rund die Hälfte der Betriebe in ihrer Existenz bedroht ist. In einer Branche mit 260'000 Beschäftigten.
Was raten Sie Ihren Verbandsmitgliedern?
Wir sagen klar: Das Wichtigste ist, die Arbeitsplätze zu halten und wenn notwendig sofort Gesuche auf Kurzarbeit einzureichen. Viele haben das bereits getan, noch mehr werden folgen. Entlassungen wollen wir unbedingt vermeiden.
Der Bundesrat hat Sofortmassnahmen im Bereich der Kurzarbeit beschlossen und Überbrückungsgelder in Aussicht gestellt. Sind Sie damit zufrieden?
Jetzt gilt es abzuwarten, wie die Massnahmen genau angewendet werden. Gerade mit Blick auf den Umsatzrückgang im Gastgewerbe: Unsere Branche hat innert zwei Wochen 380 Millionen Franken verloren. Auf die nächsten zwei Monate hochgerechnet – und von zwei Monaten müssen wir ausgehen – sind das bereits anderthalb bis zwei Milliarden. Und bei der Kurzarbeit muss man wissen: Kleinere Betriebe werden von den Inhabern geführt. Da muss geprüft werden, wie die Kurzarbeit angewendet werden kann.
Und wie wird Ihre Branche in zwei Monaten aussehen?
Der Bundesrat hat gesagt, dass er die Wirtschaft nicht im Stich lassen werde und auch längerfristige Massnahmen prüfe. Und diese wird es brauchen. Aber jetzt, im Moment, geht es darum, Sauerstoff, sprich Liquidität in die Betriebe zu bringen, um das Überleben der Restaurants und Hotels zu sichern. Im Tessin ist die Lage besonders akut: Eine Region ohne Wintersaison ist angewiesen aufs Geschäft im Sommer.
Glauben Sie nicht, dass die Menschen den Verzicht in einigen Wochen nachholen?
Wir verkaufen keine Schuhe. Ein leeres Zimmer, ein leerer Tisch heute, lässt sich morgen nicht kompensieren. Verloren ist verloren.
Sie haben die Finanzkrise erlebt und den Frankenschock. Lassen sich diese Einschnitte mit der heutigen Zäsur vergleichen?
Nein. Jetzt ist Ausnahmezustand. Es trifft uns am Lebensnerv. Selbstverständlich hatten wir schwierige Jahre. Aber laufen Sie doch mal durch die Stadt. Die Strassen sind leer. In meinem Hotel in Kandersteg erlebe ich es hautnah. In den Betrieben hagelt es eine Absage nach der anderen.
Wie wollen Sie die ausländischen Gäste dereinst in die Schweiz zurückholen?
Jetzt stecken wir mitten in – oder besser am Anfang – einer Krise und setzen auf die beschlossenen Sofortmassnahmen. Da hat der Bund viel aufgegleist. Im Tourismus sehe ich Potenzial bei den inländischen Gästen. Aber bis zum Beispiel die Gäste aus Asien wieder in die Schweiz kommen, kann es Jahre dauern.
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