Am Montag überraschte das Bundesamt für Verkehr (BAV) erneut: Diesmal nicht, weil es einen Subventionsbetrug bei Postauto aufdeckte, sondern indem es der Domo Swiss Express AG eine Zulassung für drei Fernverkehrslinien erteilte. Ab März rollen die Cars zwischen St. Gallen und dem Flughafen Genf, zwischen Zürich-Flughafen und Lugano sowie zwischen Chur und Sitten (BLICK berichtete).
Vor allem eines überrascht: der Zeitpunkt. Denn am kommenden Dienstag debattiert der Nationalrat über eine Verschärfung des Personenbeförderungsgesetzes, die auf die Fernbusse gemünzt ist. Interessierte Unternehmen sollen Transporte nur ausführen dürfen, wenn im Fernverkehr keine wesentliche Konkurrenzierung und im regionalen Personenverkehr höchstens eine minimale vorliegt. Die Verkehrskommission will damit im Interesse der Steuerzahler Rosinenpickerei verhindern.
Inakzeptabler Entscheid des Bundes
Dass das BAV eine Woche vorher nun Fakten schaffe, sei «inakzeptabel», kritisiert der Nutzfahrzeugverband Astag. «Es handelt sich um einen Paradigmenwechsel», so Vizedirektor André Kirchhofer (40).
Denn während Jahrzehnten habe der Bund gesagt, dass Zulassungen für Fernbusse mit dem geltenden Gesetz nicht möglich seien. Nun gehe es plötzlich doch. Das dürfe die Bundesverwaltung aber nicht selbst entscheiden. «Dafür braucht es eine Grundsatzdebatte im Parlament. Und die wird erst nächste Woche Dienstag beginnen.»
Bund bestreitet Vorwürfe
Dass das BAV am Parlament vorbei Fakten schaffe, weist Sprecher Gregor Saladin zurück. «Das BAV setzt einfach bestehende Gesetze um.» Es gebe keinen Paradigmenwechsel: «Die gesetzlichen Grundlagen lassen seit 2009 einen Fernbusbetrieb zu. Aber Domo war das erste Unternehmen, das ein Gesuch gestellt hat.»
Da gibt ihm CVP-Verkehrspolitiker Martin Candinas (37) recht. «Mit der Zulassung von Domo war zu rechnen, denn hier geht es nur um drei Fernverkehrslinien», sagt der Bündner. Aber es würden andere Fernbusanbieter warten, die ebenfalls in den Schweizer Markt wollten. «Vor diesem Hintergrund ist es schon fraglich, ob das BAV hier ein richtiges Zeichen gesetzt hat.»
Konzession nur für drei Jahre
Candinas warnt, dass weitere Anbieter vor allem den regionalen Personenverkehr massiv unter Druck könnten. «Da müssen wir uns schon fragen, ob wir wirklich wollen, dass vom Steuerzahler mitfinanzierte Angebote konkurrenziert werden.» Parallelverkehr und Rosinenpickerei sind schädlich für das ÖV-System Schweiz. Diese Diskussion sei noch nicht geführt.
Saladin wiederum sagt, das BAV habe darauf Rücksicht genommen. «Weil wir wissen, dass es viele Bedenken bezüglich Fernbussen gibt, haben wir die Konzession vorerst nur für drei Jahre vergeben und nicht wie üblich für zehn.»