Ökostrom reicht nicht
So will der Bundesrat die Stromlücke verhindern

Der Schweiz droht eine Stromlücke. Der Bundesrat will vor allem den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben. Doch das wird kaum reichen. Daher setzt die Regierung nun auch noch auf andere Lösungen.
Publiziert: 17.02.2022 um 10:29 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2022 um 09:47 Uhr
Nicht nur der Klimawandel schreitet voran, auch eine Stromlücke droht. Bundesrätin Simonetta Sommaruga will daher bei den erneuerbaren Energien aufs Gas drücken.
Foto: Keystone
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Der Handlungsbedarf ist dringend. Der Schweiz droht im Energiebereich ein Schreckensszenario: Ganze 47 Stunden ohne Strom – das könnte uns schlimmstenfalls ab 2025 blühen. Und das im Winter, wenn der Strombedarf am grössten ist. Eine im vergangenen Herbst publizierte Studie der Elektrizitätskommission Elcom schreckt auf.

Um solche Szenarien zu verhindern, hat der Bundesrat gleich mehrere Versicherungslösungen beschlossen. «Die sichere Versorgung mit Strom hat oberste Priorität», betonte Energieministerin Simonetta Sommaruga (61) am Donnerstag vor den Medien. Der zusätzliche Strom sei gerade auch nötig, weil die Schweizer AKW irgendwann abgestellt würden.

Daher soll erstens bereits ab kommendem Winter eine Wasserkraftreserve eingerichtet werden. Die Betreiber von Speicherkraftwerken sollen gegen Entgelt eine bestimmte Strommenge zurückhalten, die dann bei Bedarf abgerufen werden kann.

Gaskraftwerke sollen Klimaziele nicht gefährden

Daneben soll das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) von Bundesrätin Simonetta ab sofort die mögliche Ausschreibung von Reserve-Kraftwerken vorbereiten. Sie sollen als zweite Versicherungslösung dienen und die Wasserkraftreserve ergänzen.

Die Elcom schlägt dazu den gestaffelten Bau von zwei bis drei Gaskraftwerken mit einer Leistung von insgesamt bis zu 1000 Megawatt (MW) vor. Und das, obwohl Gaskraftwerke CO2 ausstossen und damit eigentlich den Klimazielen der Schweiz zuwiderlaufen.

Die Gaskraftwerke sollen einzig eine Notfall-Lösung sein, wenn der Strom sehr knapp werden sollte. Sie sollen also möglichst gar nie laufen, ergänzte der Präsident der Elektrizitätskommission Elcom, Werner Luginbühl (64). Daher wäre deren CO2-Ausstoss etwa im Vergleich zum Strassenverkehr «absolute Peanuts».

Bei der Planung möglicher Gaskraftwerke sollen bestehende, heute nicht genutzte Infrastrukturen im Fokus stehen. Die Elcom hat 17 mögliche Standorte solche Reserve-Gaskraftwerke eruiert, sieben Orte in deutschsprachigen Kantonen (darunter Birr AG, Gösgen SO und Schweizerhalle BL) sowie zehn in der Romandie. Abschliessend ist die Liste nicht. Die Elektrizitätskommission geht von Investitionskosten von insgesamt bis zu 900 Millionen Franken aus.

Die Gaskraftwerke will der Bundesrat über den Verordnungsweg ermöglichen. Parlament und Volk hätten damit vorerst nichts dazu zu sagen.

«Beide Reserven dürfen nur in Ausnahmesituationen zum Einsatz gelangen, wenn der Strommarkt die Nachfrage zeitweise nicht mehr decken kann», betont der Bundesrat. Auch sollen sie den Strommarkt nicht verzerren.

Betrieb soll möglichst klimaneutral sein

Parallel dazu soll das Uvek Gesetzesbestimmungen erarbeiten, die den klimaneutralen Betrieb der Reserve-Kraftwerke gewährleisten sollen – dies etwa durch den Einsatz von CO2-freien Brennstoffen oder durch Kompensation. Bis Ende Juni soll das Departement über den Stand der Pläne berichten.

Klar ist jetzt schon: Die Kosten für die beiden Reserven sind von uns Stromverbrauchern zu tragen. Noch aber ist unklar, um wie viel die Stromrechnung steigen könnte.

Neben den beiden Versicherungslösungen will der Bundesrat auch die Stromeffizienz erhöhen, um die Versorgungssicherheit möglichst gewährleisten zu können. Dazu gehören die Erhöhung der Fördermittel für den Ersatz von Elektroheizungen oder Auflagen für die Beleuchtung von Zweckbauten. Diese Massnahmen müssen mit den Kantonen weiter abgesprochen werden.

Zudem sollen die Mindestanforderungen an die Effizienz von verschiedenen Elektro-Geräten erhöht werden. «Stromfresser sollen gar nicht mehr auf den Markt kommen», sagte Bundesrätin Sommaruga. (dba)

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