Neuer Anlauf im Parlament
Grüne wollen Stimmrechtsalter 16

Von der Strasse an die Urne: Nach den Klimastreiks fordert die Linke, dass Jugendliche politisch mitbestimmen können.
Publiziert: 16.03.2019 um 19:35 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2019 um 16:31 Uhr
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Grünen-Parlamentarierin Sibel Arslan: «Junge können und wollen Verantwortung tragen.»
Foto: Keystone
Simon Marti

Die Klimastreiks der Jungen hauchen einer alten Idee neues Leben ein: Der Senkung des Stimmrechtsalters auf Bundesebene von heute 18 auf 
16 Jahre. Die Grünen lancieren nun eine parlamentarische Initiative, um den 16- und 17-Jährigen das Stimmrecht zu verschaffen. Die landesweite Klimabewegung habe gezeigt, dass junge Menschen auch vor dem Erreichen des 18. Lebensjahrs politisch interessiert und aktiv seien «und Verantwortung tragen wollen und können», begründet die Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (38, BS) den Vorstoss.

Arslan warnt vor einen Übergewicht der älteren Wählerschaft: «Die demografischen Veränderungen bringen es mit sich, dass die Zahl der Stimmberechtigten über 50 immer höher wird, was zu einer Verzerrung der politischen Entscheide führen kann.» Ältere Stimmberechtigte entschieden oft anders als Junge, beispielsweise bei der Altersvorsorge, aber eben auch im Umwelt- und Klimabereich, sagt Arslan. Dieses Missverhältnis gelte es zu korrigieren.

Bislang wollte die bürgerlicher Mehrheit im Parlament davon nichts wissen. Im Frühling 2017 reichte Arslans Parteikollegin Lisa Mazzone (31, GE) einen ähnlichen Vorstoss ein. Der Nationalrat versenkte diesen mit 118 zu 64 Stimmen. Allerdings: Arslans aktueller Vorschlag ist zurückhaltender und schliesst das passive Wahlrecht aus. 16-Jährige könnten also zum Beispiel nicht für ­einen Sitz im Nationalrat kandidieren.

Gute Erfahrungen 
in Glarus

Die SP ist bereits an Bord, wie ­Nationalrätin und Vize-Fraktionspräsidentin Nadine Masshardt (34) zu SonntagsBlick sagt. Wichtig sei, dass eine solche Reform mit einer Stärkung der politischen Bildung begleitet werde.

Masshardt war es, die in ihrem Heimatkanton eine Senkung des Stimmrechtsalters vorantrieb. Im bürgerlich dominierten Berner Grossen Rat kam tatsächlich eine entsprechende Mehrheit zustande, im Volk aber erlitt die Vorlage 2009 Schiffbruch. «Früher oder später aber wird das Stimmrechtsalter gesenkt», ist sich Masshardt sicher. «Wie beim Frauenstimmrecht wird es dafür mehrere Anläufe brauchen.» 
Die Linke verweist gerne auf den Kanton Glarus, der bereits 2007 seine Landsgemeinde für 16 und 17-Jährige öffnete. Offenbar mit Erfolg: «Die Landsgemeinde hat für jüngere Glarnerinnen und Glarner bis zu einem gewissen Grad Eventcharakter», erklärt Ratsschreiber Hansjörg Dürst (60, BDP). Er sagt, die Teilnehmer der Landsgemeinde seien «tendenziell jünger und progressiver als der Stimmkörper an der Urne». Das wirke sich auf die Entscheide aus: Bei eidgenössischen Vorlagen, die eben an der Urne entschieden werden und bei der unter 18-Jährige nicht zugelassen sind, stimmten die Glarner in der Regel eher konservativ. 

Seit 2007 dürfen auch die Österreicher bereits mit 16 wählen. Bei den ersten nationalen Wahlen im Jahr darauf, überstieg der Wähleranteil der Jugendlichen jenen der älteren Wählerschaft, wie eine Untersuchung der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik festhält. Doch schon 2013 brach die Wahlbeteiligung bei den 16- bis 17-jährigen auf 63 Prozent ein – bei einer allgemeinen Beteiligung von 80 Prozent. Seither hat sich die Beteiligung der Jungen zwar wieder erhöht, aber ein Selbstläufer, das zeigt der Blick über die Grenze, ist ein tieferes Stimmrechtsalter in keinem Fall. 

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