Neue Transparenz-Regeln für Parteien
Gelingt der Juso der nächste Coup?

In Schwyz und Freiburg waren sie mit ihren Transparenz-Initiativen bereits erfolgreich. Jetzt nehmen die Jungsozialisten den nächsten Kanton ins Visier.
Publiziert: 23.01.2020 um 19:40 Uhr
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Die Überraschung war gross, als die Schwyzerinnen und Schwyzer im März 2018 eine Transparenz-Initiative der Juso annahmen.
Foto: Keystone
Ladina Triaca

Es war ein Freudentag, wie er im Polit-Leben der meisten Juso nur selten vorkommt. Am 4. März 2018 stimmten die Schwyzerinnen und Schwyzer hauchdünn einer Initiative der Jungsozialisten zu, die mehr Transparenz in der Politikfinanzierung verlangt.

Just am selben Tag wurde auch in Freiburg eine Transparenz-Initiative aus dem Köcher der Juso angenommen. In beiden Kantonen stellte sich die Bevölkerung gegen die Regierung und das Parlament – und verhalf der Jungpartei so zum Überraschungssieg.

Dunkelkammer Schaffhausen

Beflügelt vom Erfolg wollen die Juso nun die nächste Dunkelkammer in Angriff nehmen. In Schaffhausen entscheidet die Bevölkerung am 9. Februar darüber, ob Parteien, Komitees und sonstige Organisationen ihr Budget für Wahl- und Abstimmungskämpfe künftig offenlegen müssen.

Geht es nach den Jungsozialisten und ihren Verbündeten – SP, Grüne und AL – sollen die politischen Player künftig angeben müssen, von wem sie wie viel Geld erhalten. Nicht aufgeführt werden müssten Spenden von Privatpersonen unter 3000 Franken.

«Der Einfluss der Mächtigen»

Doch wieso will die Jungpartei die Parteien schweizweit dazu zwingen, Einblick in ihre Kassen zu gewähren? Weil Transparenz fundamental sei in einer funktionierenden Demokratie, ist Juso-Präsidentin Ronja Jansen (25) überzeugt.

«Es geht darum, den finanziellen Einfluss der Mächtigen auf die Politik sichtbar zu machen», begründet die Chefin das Engagement der Jungsozialisten. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht darauf zu wissen, welche Firmen und Organisationen hinter den Parteiinteressen stünden.

Angst vor Transparenz

Dass die Juso-Parolen auch in Schaffhausen auf fruchtbaren Boden fallen könnten, weiss man auch auf der Gegnerseite. Anders als in Schwyz und Freiburg werde man das Anliegen der Jungpartei im Grenzkanton allerdings nicht auf die leichte Schulter nehmen, erklärt FDP-Kantonsrat Daniel Stauffer (55). Die Freisinnigen bekämpfen die kantonale Initiative an der Seite von SVP und CVP.

Stauffer warnt auch davor, dass künftig «spontane» Kandidaturen nicht mehr möglich wären. Denn die Initiative der Juso sieht ebenfalls vor, dass Kandidaten für ein Amt auf Kantons- oder Gemeindeebene sämtliche Interessenbindungen vor dem Wahltermin offenlegen müssen. Es bräuchte wohl ein längeres Anmeldungsprozedere.

«Gerade in kleinen Gemeinden auf dem Land kann das zu einem Problem werden», erklärt Stauffer. Da komme es ab und zu vor, «dass man jemanden vielleicht am Mittwoch noch kurzfristig überzeugen kann, am Sonntag als Gemeinderat zu kandidieren». Das wäre aus Stauffers Sicht künftig nicht mehr so einfach möglich.

Kantone als Wegbereiter

Die Schritte hin zu mehr Transparenz haben auch Auswirkungen auf Bundesebene. So reichte ein Komitee bestehend aus SP, Grünen, BDP und EVP vor zwei Jahren auch auf nationaler Ebene eine Transparenz-Initiative ein. Diese verlangt, dass Parteien und Komitees alle Spenden offenlegen müssen, die 10'000 Franken übersteigen. Die Kantone Genf, Tessin und Neuenburg – die bereits seit längerem Transparenz-Regeln kennen – dienten dabei unter anderem als Vorbild.

Und die kantonalen Entwicklungen führten auch im Bundesrat zu einem Umdenken. Nachdem er sich zunächst dezidiert gegen die Transparenz-Initiative ausgesprochen und auch auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags verzichtet hatte, vollzog der Bundesrat im vergangenen November eine Kehrtwende.

Abstimmung wegen «Gesinnungswandel»

Justizministerin Karin Keller-Sutter (56, FDP) erklärte im Ständerat, dass die Landesregierung sich «dem Wunsch nach mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» nicht länger verschliessen wolle. Offenbar habe in der Gesellschaft ein «Gesinnungswandel» stattgefunden.

Entsprechend ist der Bundesrat nun offener gegenüber dem Gegenvorschlag, den die ständerätliche Kommission als Antwort auf die Initiative ausgearbeitet hatte. Dieser sieht vor, dass Einzelspenden an Parteien ab einer Schwelle von 25'000 Franken deklariert werden müssen.

Nachdem der Ständerat dem Gegenvorschlag bereits im Dezember grünes Licht gegeben hatte, beugt sich heute nun die Staatspolitische Kommission des Nationalrats über die Transparenz-Initiative und den Gegenvorschlag. Werden sich die beiden Kammern rasch einig, könnte die Schweizer Bevölkerung bereits im November über nationale Transparenz-Vorschriften entscheiden und damit dem Vorbild vieler Kantone folgen. Das wäre auch ein Grosserfolg für die Juso.

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