Im Wochenrhythmus kommt es derzeit in Europa zu Terroranschlägen. Die Frage sei nicht ob, sondern wann die Schweiz Ziel der Dschihadisten wird, sagen Experten und Politiker. Um dennoch alle Mittel auszuschöpfen und einen Anschlag zu verhindern, will Simonetta Sommaruga in diesem Jahr gleich drei grössere Massnahmenpakete verabschieden.
Das erste bringt die Justizministerin noch vor den Sommerferien in den Bundesrat, wie ihr Departement bestätigt. Es umfasst neue Terrorismus-Artikel im Strafrecht. So will die SP-Magistratin das befristete und schwammige Al-Kaida-Gesetz klarer im Strafrecht verankern und ausbauen. Wer in der Schweiz für Terrororganisationen wie den IS oder Al Kaida Propaganda betreibt, Geld sammelt oder Mitglieder rekrutiert und ausbildet, macht sich strafbar.
Längere Haftstrafen
Heute drohen Terrorunterstützern Freiheitsstrafen von fünf Jahren. Dies reicht Sommaruga nicht. Sie schlägt dem Bundesrat vor, das Strafmass anzuheben, wie ihr Departement BLICK bestätigt.
Die kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren verlangen zudem, dass bereits eine Sympathiebekundung für eine Terrororganisation strafbar wird. So weit wird der Bundesrat nicht gehen. «Die Schweiz kennt keine Gesinnungsstrafen», schrieb er in einer Antwort auf einen Vorstoss. Aus rechtsstaatlicher Sicht sei klar, dass eine Sympathiebekundung allein keine Strafe rechtfertige.
Auch bei der Terrorfinanzierung aus dem Ausland zieht Sommaruga die Zügel an. So kann die Geldwäschereistelle Hinweisen aus dem Ausland künftig einfacher nachgehen. Generell soll die Zusammenarbeit mit dem Ausland verbessert und die Rechtshilfe beschleunigt werden.
Gefährder im Fokus
Das zweite Massnahmenpaket will die SP-Bundesrätin im Herbst in die Vernehmlassung schicken. Es beinhaltet neue präventive Möglichkeiten für die Polizei. Ziel: Effektiver gegen Gefährder vorgehen zu können, gegen die kein oder noch kein Strafverfahren läuft.
Gefährder sollen verpflichtet werden, sich in regelmässigen Abständen bei der Polizei zu melden. Tauchen sie nicht auf, können die Behörden Massnahmen ergreifen. Zudem sollen diese mutmasslichen Dschihad-Reisenden den Pass entziehen können, um eine Ausreise zu verhindern. «Wir wollen keinen Terror exportieren», kündigte Sommaruga in einem BLICK-Interview an. Zudem wird die Polizei befugt, genauestens zu verfolgen, in welchen Ländern sich mutmassliche Attentäter aufhalten.
Einsatz der Zivilgesellschaft
Das dritte Paket, das ebenfalls in diesem Jahr verabschiedet wird, sieht keine neuen Gesetze vor, sondern Empfehlungen an die Gesellschaft. Zusammen mit Kantonen, Städten und Gemeinden arbeitet Sommaruga einen nationalen Aktionsplan aus.
Um die Radikalisierung von Personen so früh wie möglich zu erkennen und zu verhindern, sollen alle aufgefordert werden, Augen und Ohren offen zu halten. Dies sei das «effizienteste Instrument der Terrorismusbekämpfung», heisst es in einem Anti-Terror-Bericht des Bundes.
Deshalb finanziert der Bund etwa Projekte, die gegen Terrorpropaganda im Internet ankämpfen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtete. Kantone und Gemeinden müssen ihrerseits Stellen zur Prävention von Radikalisierung schaffen.
Harte Strafen, mehr Möglichkeiten für Polizei und Geheimdienst, Einsatz der Zivilgesellschaft – trotz all diesen Bemühungen wird es keine absolute Sicherheit geben. Und Sommaruga kann nur hoffen, dass die Schweiz weiterhin von Terrorattacken verschont bleibt.