Von 0 auf 100: Dies war früher das übliche Sport-Programm bei der Armee. Das Resultat: Jede Menge Frust, verletzte Soldaten und immer mehr Abbrecher der Rekrutenschule (RS).
«Auf 1500 Rekruten wurden in 18 Wochen teils 700 Verletzungen gezählt», sagt Thomas Wyss, Wissenschaftler an der Eidgenössischen Hochschule für Sport in Magglingen BE. Was ihn nicht überrascht: «Ein 19-jähriger Mann legt im Durchschnitt 8 Kilometer pro Tag zurück, ein Rekrut mit teils erheblichem Zusatzgewicht 14 Kilometer.»
Die Armee ist deshalb über die Bücher gegangen. Sie schaut bei der Rekrutierung dank eines neuen Fitnesstests besser auf die Eignung und Neigung der Jungen für die verschiedenen militärischen Funktionen. Zudem werden seit der letzten Armeereform (WEA) in der RS die körperlichen Belastungen schrittweise aufgebaut.
Dazu passt auch, dass die Armee neu die jungen Männer und Frauen motiviert, sich schon vor dem Militärdienst sportlich zu betätigen – oder sogar auf bestimmte Leistungsziele hinzuarbeiten. Seit heute ist im App-Store für iOS und Android die neue Sport-App Ready #teamarmee kostenlos herunterladbar. Und zwar für alle, die an ihrer Fitness arbeiten möchten, nicht nur angehende Soldaten.
Einzige Einstiegshürde: Zur Konfiguration der App muss man einen rund 15-minütigen Fitnesstest absolvieren. Die App misst so den bestehenden Trainingszustand.
Nützlich für militärische und zivile Sportler
Die App wurde vom Bundesamt für Sport entwickelt. Als Fitnessziel kann man nach dem Fitnesstest eine militärische Funktion wählen – zum Beispiel Infanterie oder Luftwaffe –, einen Soldatentypen oder auch ein ziviles Sportler-Profil. Die App erstellt dann ein persönliches Programm, massgeschneidert aus je rund 260 Ausdauer- und Kraftübungen. Diese teilen sich auf vier Sporteinheiten pro Woche auf, die – je nach Zeitbudget – in beliebiger Reihenfolge absolviert werden können.
Armee hat keinen Zugriff auf Daten
Die App wertet die sportlichen Aktivitäten auch aus. Sie verteilt «Zückerli» in Form von Videoclips oder Lesestoff und führt ein Trainingstagebuch. Aber keine Angst: Die Armee und auch keine Dritten haben darauf Zugriff.
«Wir legten sehr hohen Wert auf den Datenschutz», sagt Thomas Wyss. Alle Daten bleiben auf dem Smartphone gespeichert, es werden keine Namensangaben oder Mailadressen verlangt. Es gibt aber eine Exportfunktion für alle, die die eigenen Resultate auch anders verwenden oder einem Handy- bzw. Datenverlust vorsorgen wollen.
Zwang ist ausgeschlossen
Die Armee verspricht sich dank der App eine grössere Befriedigung der Jugendlichen an den Rekrutierungstagen und später in der RS. «Ich möchte ja Leute, die auch zufrieden sind in ihrer Funktion, die sie ausüben», sagt Mathias Müller (49), Kommandant Rekrutierung der Armee. Und das ergibt sich nun mal eher, wenn man nicht ständig seinen Kollegen hinterher hecheln muss oder wegen ungenügender Sportleistungen nicht die Tätigkeiten ausüben kann, die man möchte.
Einen Zwang, mit der Sport-App vor oder während des Militärdienstes zu arbeiten, gibt es nicht. «Wir können nichts befehlen. Aber wir hoffen, dass möglichst viele Schweizer nun ihren eigenen Personal Trainer nutzen», so Oberst Müller.