Darum gehts
- Der Verhaltenskodex bleibt rechtlich unverbindlich und in Konsultation
- Bundeskanzlei prüft Unterschriften mit neuen Methoden und KI-Unterstützung
- Seit 2024 wurden vier Strafanzeigen wegen Unregelmässigkeiten eingereicht
Der Verhaltenskodex liegt im Entwurf vor, wie die Bundeskanzlei am Donnerstag auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Die beitretenden Akteure sollen sich demnach auf eine Selbstregulierung verpflichten. Schon im Vorfeld stand fest, dass der Kodex rechtlich nicht verbindlich ist.
Der Entwurf ist bis am 5. September in der öffentlichen Konsultation. Danach informiert die Bundeskanzlei über das weitere Vorgehen.
Weiter hielt sie fest, bisher habe sie vier Strafanzeigen wegen Unregelmässigkeiten bei Unterschriftensammlungen eingereicht. Neue seien nicht hinzugekommen. Die Kanzlei bekräftigte, sie werde Verdachtsfälle auch in Zukunft anzeigen. Zu den laufenden Strafverfahren macht sie keine Angaben.
Kontrollen wurden verschärft
In einem im November 2024 gestarteten landesweiten Meldesystem leiten Kantone und Gemeinden Unregelmässigkeiten weiter. So erhält die Bundeskanzlei frühzeitig Hinweise auf unlautere Sammeltätigkeiten. Sie kann dadurch allfällige Muster und Akteure erkennen sowie Kantone und Gemeinden mit Instruktionen versorgen.
Den Angaben zufolge deuten Meldungen aus den letzten Monaten darauf hin, dass das Wirkung zeigt: Es gibt unseriöse Sammlungen zwar weiterhin, im Vergleich zu 2024 aber auf «sehr viel tieferem Niveau».
Sodann nimmt die Bundeskanzlei die von den Gemeinden bescheinigten Unterschriften noch genauer unter die Lupe. Sie prüft alle Bögen und Unterschriftenzeilen einzeln. Dabei schaut sie auf Handschrift-Anomalien und andere Muster.
Die Kontrollen wurden Anfang 2024 verschärft. Zusätzlich kontrolliert die Bundeskanzlei seither die von den Gemeinden für ungültig erklärten Unterschriften. Im September 2024 weitete sie dieses Vorgehen auf alle Volksbegehren und alle Kantone aus und führte das Vier-Augen-Prinzip ein.
Könnte KI helfen?
Neben dem Austausch auf Behördenebene steht die Bundeskanzlei in ständigem Kontakt mit Initiativ- und Referendumskomitees. Stellt sie fest, dass Akteure ohne Auftrag und gegen den ausdrücklichen Willen der Komitees bei Gemeinden Unterschriften beglaubigen lassen, fordert sie die betreffende Gemeinde auf, diese nicht an die Sammelfirma, sondern an die Komitees zurück zu senden.
Zur Wahrung der Integrität der Unterschriftensammlungen erarbeitet die Kanzlei mit der Wissenschaft Methoden, Fälschungen zu erkennen. Aktuell laufen demnach Überlegungen, wie die Künstliche Intelligenz und die automatische Texterkennung dabei helfen können.
Unter anderem sollen Start-Ups Lösungsvorschläge entwickeln. Nicht zuletzt lässt die Bundeskanzlei ihr Auszählteam an Forensischen Institut Zürich im Erkennen von Fälschungen ausbilden.
Die Fälle von mutmasslichem «Unterschriften-Bschiss» wurden im Spätsommer 2024 bekannt und erregten grosses Aufsehen. Tamedia-Recherchen deckten mutmasslich tausende Unterschriften auf, gesammelt von bezahlten Firmen.