Rote Köpfe bei der ETH: SVP-Nationalrat Toni Brunner forderte gestern im BLICK, dass der Bund keine neuen Ausländer mehr rekrutieren dürfe – und die Eidgenössische Technische Hochschule keine Professoren mehr im Ausland. «Das wäre katastrophal! Dann kann man die ETH Zürich gleich zusperren», sagt der Chef des Departements für Gesundheitswissenschaften, Robert Riener.
«Brunners Forderung ist extrem realitätsfremd und befremdlich»
Als Professor für sensomotorische Systeme entwickelte der Bayer, der seit 14 Jahren in Zürich doziert, ein Therapiegerät für gelähmte Patienten. Ohne Austausch mit internationalen Kollegen wäre seine mehrfach ausgezeichnete Forschung nie möglich gewesen. «Wir saugen Wissen und damit Fortschritt auf Kosten des Auslands in die Schweiz. Darüber sollte Toni Brunner eigentlich froh sein», sagt er. Die Wissenschaft höre nicht an der Landesgrenze auf. «Brunners Forderung ist extrem realitätsfremd und befremdlich.»
Dem pflichtet Rieners Chef Lino Guzzella entschlossen bei. Der akademische Nachwuchs im Inland reiche nicht, kontert der ETH-Präsident Toni Brunners Behauptung. «Wir haben schlicht nicht genug gute Leute nur aus der Schweiz», sagt Guzzella. «Wenn es uns nicht mehr möglich wäre, die besten Talente der Welt in die Schweiz zu holen, nähme die Qualität der ETH ab.»
Auf 40 neue Professuren kommen 32 Ausländer
Die ETH gehöre gerade wegen des Ausländeranteils von rund 70 Prozent zu den zehn besten Hochschulen weltweit. Gezielt rekrutiert die Ingenieurschmiede überall auf dem Globus Spitzenkräfte. 2015 kamen auf 26 neue Professuren 20 Ausländer. 2016 stellte die ETH 40 neue Professoren ein – gerade mal acht davon besitzen den roten Pass.
«Wir brauchen die Ausländer, um unsere Söhne und Töchter ausbilden und unserem Land etwas zurückgeben zu können», sagt Lino Guzzella. Nur mit ihnen könne die ETH der Schweiz helfen, weiterhin intellektuell führend zu sein.
Und wo bleibt bei all den Ausländern die helvetische Identität und Kultur? «Es gibt keinen Schweizer Maschinenbau, keine Schweizer Mathematik, Informatik oder Physik», so Guzzella. Robotikforscher Robert Riener ergänzt: «Toni Brunner fährt auch Auto und benutzt einen Computer. Die sind sicher nicht rein schweizerisch.»