Darum gehts
- Stocker verpasst Wiederwahl in den Ständerat
- Severin Brüngger (FDP) kann das Rennen knapp für sich entscheiden
- Im März wurde Stocker vom Bundesgericht per sofort als Ständerat abgesetzt
Es war ein historisches Urteil. Ende März dieses Jahres musste der Schaffhauser Ständerat Simon Stocker (44) sein Amt per sofort abgeben. Das Bundesgericht erklärte seine Wahl für ungültig, weil er zum Zeitpunkt seiner Wahl überwiegend in Zürich wohnte.
Für den SP-Mann ist die Zeit im Ständerat nun endgültig vorbei. Er hat die Neuwahl in die kleine Kammer verpasst. FDP-Konkurrent Severin Brüngger hat das Rennen mit 52 Prozent der Stimmen (17’064 gegen 15’575) knapp gewonnen, wie die Staatskanzlei Schaffhausen bekanntgibt. Die Stimmbeteiligung lag bei 68,8 Prozent.
Überraschter Brüngger, Gratulation von Stocker
«Ich habe nicht mit diesem Ergebnis gerechnet, es ist für mich eine riesige Überraschung», sagte Brüngger in einer ersten Reaktion im Schaffhauser Wahlzentrum. In einem Kurzinterview mit den «Schaffhauser Nachrichten» war er den Tränen nahe und dankte seiner Frau: «Sie hat mich unglaublich stark unterstützt in diesem Wahlkampf. Ohne sie hätte ich das nicht geschafft»
Sein Kontrahent Stocker traf nach Verkündigung des Schlussresultats im Wahlzentrum ein und gratulierte dem Sieger. Er zeigte sich gefasst. «Der grosse Schock für mich war das Bundesgerichtsurteil im März. Ich hätte mich gerne weiter für den Kanton Schaffhausen eingesetzt - jetzt ist es anders gekommen, das gilt es zu akzeptieren», sagte er.
Auch die FDP gratuliert dem neuen Ständerat zur «sensationallen Wahl».
Handballer und Pilot
Brüngger ist seit 2021 Grossstadtrat und seit 2022 Kantonsrat. In dieser Zeit hat er sich vor allem als wirtschaftsliberaler Hardliner einen Namen gemacht. Brüngger wurde im Wahlkampf von der SVP, EDU und Mitte unterstützt.
Der FDP-Mann ist Ex-Handballprofi und hat fast hundert Spiele für die Handball-Nationalmannschaft absolviert. Heute arbeitet er als Pilot für Easyjet.
Keine zweite Sensation für Stocker
Für Stocker dürfte das Resultat eine grosse Enttäuschung sein. 2023 gelang ihm mit der Wahl in den Ständerat noch die Sensation. Er stiess damals Thomas Minder (64) aus dem Stöckli. Der Vater der Abzocker-Initiative, der zwölf Jahre als Parteiloser in der SVP-Ständeratsfraktion politisierte, hatte völlig unerwartet die Wahl verloren.
Der Wahlkrimi zog eine Reihe von Schmutzgeschichten nach sich. Die «Weltwoche» hatte wenige Tage nach Stockers Wahl berichtet, dass dieser zum Zeitpunkt der Wahl mit seiner Familie hauptsächlich in der Stadt Zürich gelebt habe. Es folgte eine Wahlbeschwerde.
Manöver aus dem Minder-Lager
Lange blieb im Dunkeln, wer tatsächlich hinter der Beschwerde steckte. Sie wurde von einem älteren Schaffhauser eingereicht, der anonym bleiben möchte. Im April deckte Blick auf: Das aufwendige Verfahren gegen Stocker wurde wohl von Thomas Minders langjährigem Weggefährten Claudio Kuster finanziert. Der Anwalt, der die Absetzung des SP-Ständerats durchsetzte, adressierte sämtliche Rechnungen an ihn.
Zwischen November 2023 und Juni 2024 mailte die Anwaltskanzlei fünf Rechnungen an Kuster. Die Gesamtsumme belief sich auf fast 20'000 Franken – Kosten, für die nach dem Bundesgerichtsentscheid nun Stocker aufkommen muss. Minder verzichtete auf eine Kandidatur bei den Neuwahlen.