Nach Skandal-Video mit Mord-Aufruf
Armee soll Sexismus den Kampf ansagen

Frauen- und Männerverbände wollen eine Null-Tolleranz-Strategie bei Sexismus im Militär.
Publiziert: 11.05.2017 um 18:07 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:32 Uhr
Vorgesetzter ruft Soldaten zu Mord auf!
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Skandal-Video der Schweizer Armee aufgetaucht:Vorgesetzter ruft Soldaten zu Mord auf!

Das Skandal-Video der Schweizer Armee sorgte Ende April für Schlagzeilen. Darin heizt ein Vorgesetzter seiner Truppe mit einem fragwürdigem Beispiel für eine Schiessübung ein. Die Soldaten seien von ihren Freundinnen betrogen worden und hätten ihre Partnerin auf frischer Tat ertappt. Dann die Frage: «Was machen Sie?» Wie auf Knopfdruck rattern die Sturmgewehre, und die Kugeln fliegen auf die Zielscheiben. (BLICK berichtete)

Offener Brief an Parmelin

Armeesprecher Daniel Reist zeigte sich schockiert über das Video und versprach Konsequenzen. Nun ziehen Frauen- und Männerverbände nach. Mit von der Partie sind unter anderem Evangelische Frauen Schweiz, der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen und der Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen. Sie alle fordern ein Sexismusverbot in der Schweizer Armee. Mit einer Petition und einem gemeinsam unterzeichneten offenen Brief an Bundesrat Guy Parmelin wollen die Verbände den «unhaltbaren Zuständen» in der Armee ein Ende setzen.

Denn das Video sei nur die Spitze des Eisbergs, sagt Nicolas Zogg vom Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen zu BLICK. «Uns ist schon länger die Sexismus-Problematik im Militär bekannt. Die Aufnahmen dienen nun zum Anstoss, das Denken und Verhalten in der Armee grundlegend zu überdenken. Hier muss sensibilisiert werden.»

Nicolas Zogg vom Dachverband der Männer- und Väterorganisationen fordert ein Umdenken in der Schweizer Armee. Der Sexismus darf nicht zum Alltag gehören.
Foto: maenner.ch

Schwierige Aufgabe

Denn Sexismus sei nicht nur ein Frauen-Problem. Auch Männer werden diskriminiert. Bereits die Wehrpflicht ist eine Form von Sexismus, aber damit nicht genug. «Homosexuelle oder Männer, die sich unsicher verhalten beziehungsweise eine weiche Seite von sich zeigen, werden zum Beispiel als Pussy oder Schwuchtel beschimpft», sagt der Verbandssprecher. So etwas dürfe man nicht tolerieren.

Zogg weiss, dass es schwierig ist, das Militär für Sexismus zu sensibilisieren. «Denn nach wie vor ist die Armee eine Art Initiationsritus für Männer. Wer nicht beim Militär war, der gilt nicht als echter Mann. So eine Denkweise darf nicht einfach unüberlegt übernommen werden. Da wollen wir, dass aufgeklärt und aufmerksam gemacht wird.»

Bundesrat Guy Parmelin gelobt gegen Sexismus im Schweizer Militär vorzugehen.
Foto: ALESSANDRO DELLA VALLE

Sexismus gehört zum Alltag

Einen ersten Erfolg können die Verbände schon verbuchen. Das VBS hat sich bereits zu dem offenen Brief geäussert. «Wir werden alles daransetzen, dass solche oder ähnliche Fälle in Zukunft nicht mehr vorkommen werden», sagte ein Sprecher des Departments dem «Tages-Anzeiger». Gleichzeitig wurde aber betont, dass die geforderten Massnahmen bereits Teil der Ausbildung von Soldaten sei. 

Doch anscheinend reichen diese Massnahmen nicht aus. Zogg sagt im Gespräch mit BLICK, dass es um ein grundsätzliches Umdenken im Militär gehen müsse. Sexismus habe sich im Alltag eingenistet. Deswegen fordern Zogg und die anderen Unterzeichner auch eine Null-Toleranz-Strategie gegenüber Sexismus in ihrem Brief. Wie das Militär aber ein Umdenken bewirken wird, bleibt abzuwarten. (jmh)

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