Nach Bundesgerichtsentscheid zum Polizeigesetz
Grundrecht oder Fensterscheibe?

Das Bundesgericht stützt die Idee, Organisatoren von Demonstrationen die Kosten für Polizeieinsätze zu verrechnen. Laut Juso wird so die Versammlungsfreiheit eingeschränkt.
Publiziert: 20.01.2017 um 18:05 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:49 Uhr
In Luzern dürfen die Kosten «unfriedlicher» Demonstrationen dem Veranstalter verrechnet werden. (Symbolbild)
Foto: Keystone
Florian Wicki

Die Kosten für Polizeieinsätze bei «unfriedlichen» Demos hätten zu gleichen Teilen Teilnehmern und Veranstaltern verrechnet werden sollen. Das stand im Absatz des Luzerner Polizeigesetzes, den das Bundesgericht diese Woche gestrichen hat (BLICK berichtete). Die Veranstalter sind aber immer noch haftbar, wenn die Veranstaltung ohne Bewilligung stattfindet, oder die Organisatoren vorsätzlich oder grobfahrlässig Auflagen nicht erfüllen.

Tamara Funiciello (26), Präsidentin der Juso Schweiz.
Foto: Keystone

Maximal sollen den Veranstaltern 30'000 Franken in Rechnung gestellt werden können. Für Tamara Funiciello (26), Präsidentin der Juso Schweiz, ist das unhaltbar: «Das Bundesgericht hält es für gangbar, unsere Grundrechte einzuschränken!»

Durch diese Bestimmung würden die Organisatoren von Demonstrationen daran gehindert, ihr verfassungsmässig garantiertes Recht auf Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit auszuüben. «Bei jeder Art von Versammlung kann es dazu kommen, dass Störenfriede auftauchen, randalieren und so einen Polizeieinsatz verursachen.»

Mit dem Gedanken an eine Rechnung von 30'000 Franken würden es sich die Veranstalter zweimal überlegen, bevor sie eine Demonstration organisierten.

Vandalismus ist keine Lösung

Überhaupt störe sie die Schweizer Tendenz, materielle Güter über Grundrechte zu stellen: «Muss ich mich entscheiden, ob ich unsere Grundrechte oder eine Fensterscheibe schützen will, entscheide ich mich ganz klar für Ersteres», so Funiciello.

Trotzdem heisse sie Vandalismus nicht gut, dieser sei keine Alternative für demokratische Prozesse. «Doch wegen ein paar Einzelner gleich die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger zu beschneiden, das kann doch nicht die Lösung sein!»

Die gleiche Regelung, wie sie der Kanton Luzern seit Januar 2016 kennt, steht im Entwurf für das neue Polizeigesetz des Kantons Bern. Auch dort wurde der Absatz von linker Seite scharf kritisiert. Laut Plan soll das Gesetz Anfang 2019 in Kraft treten. 

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