Darum gehts
- Béatrice Wertli besiegte Brustkrebs und spricht offen über ihre Erfahrung
- Sport und Unterstützung ihrer Familie halfen ihr während der Behandlung
- Sport blieb für Wertli während der Therapie eine wichtige Stütze
Letzten Sommer erhielt die Berner Mitte-Politikerin Béatrice Wertli (49) die Schock-Diagnose: Brustkrebs. Mitten im Wahlkampf um einen Sitz für die Stadtberner Regierung machte sie ihre Erkrankung öffentlich.
Den Wahlkampf hat sie nicht gewonnen – jedoch den für sie wichtigeren Kampf gegen die Krankheit, wie sie erstmals im Podcast «mal ehrlich» öffentlich erzählte. «Ich bin geheilt», erzählt sie nun auch Blick.
«Mir hat es geholfen, die Krankheit öffentlich zu machen»
Immer an ihrer Seite war dabei ihr Mann, Preisüberwacher Stefan Meierhans (56). «Er hat mich an fast jede Chemotherapie-Sitzung begleitet», erzählt Wertli. Auch den gemeinsamen 20. Hochzeitstag im Oktober fiel in die Zeit der Therapie. «Den haben wir als Familie gefeiert, mit einem Essen mit unseren Töchtern.» Die beiden sind heute 14 und 15 Jahre alt.
Wertli sprach öffentlich im Sonntagsblick über ihre Erkrankung – und brach damit ein Tabu. Viele Menschen behalten bis heute ihre Erkrankung lieber für sich: «Mir hat es geholfen, das öffentlich zu machen, auch weil ich wusste, dass eine optische Veränderung mit der Krankheit einhergeht.»
Die Bernerin schnitt sich ihre langen blonden Haare ab, damit sich ihr Umfeld vorbereiten konnte auf den Anblick, der sich ihnen Wochen später bot, als Wertli die Haare ausfielen.
Sport als Mutmacher
Im Wahlkampf, der bis Ende November dauerte, trat sie jedoch nicht ohne Haare auf: So setzte sie eine Perücke auf – aber auch ein Haarteil, das aus ihren eigenen Haaren gefertigt wurde. Ein wohl einzigartiges Coiffeurgeschäft in Belp BE fertigte aus ihren abgeschnittenen blonden Strähnen ein Haarteil, das in ihrem Fall an einem sportlichen Stirnband befestigt wurde: Damit trat sie auf den Bildern im Blick auf, im Wahlkampf und auch beim Sport. «Es sah so echt aus, dass die Leute vergassen, dass ich krank war.»
Sport blieb für Wertli während der Therapie eine wichtige Stütze: «Mir war wichtig, dass ich körperlich fit bleibe, ich bin und war immer ein sportlicher Mensch», so die ehemalige Direktorin des Schweizerischen Turnverbandes. Unterstützt habe sie dabei ein Sportcoach. Zwei Trainings pro Tag hatte sie meist – Tempoläufe, Intervalltraining, Kraft, Yoga. «Mit dem Sport wollte ich der Chemo ein Schnippchen schlagen und mir zeigen, dass ich über Kraft verfüge.» Sie wisse heute sehr zu schätzen, dass sie die Chemo im Vergleich gut vertragen habe.
«Heute weiss ich, was wirklich zählt»
Ihre Onkologin hat ihr zudem das Kompetenzrad vorgestellt: In einem Kreis notiert man alles, was hilft und stützt. Daneben das, was stresst und Angst macht. «Ich versuchte dann, den Stress möglichst zu reduzieren» – nicht ganz einfach im Wahlkampf. Doch sie habe viel Unterstützung und Solidarität gespürt, auch von den politischen Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Auch während der Phase der Chemo besuchte sie Wahlkampfpodien, Veranstaltungen und Apéros: «Das gehört nun mal zum Wahlkampf dazu», so Wertli. Inhaltlich geschont worden sei sie aber nicht, sagt sie rückblickend.
Die Krankheit relativierte für sie vieles. «Heute weiss ich noch deutlicher, was wirklich zählt im Leben», sagt sie. Sie fühle mehr Dankbarkeit für das, was sie habe – und auch mehr Bescheidenheit. Ihr Haarteil hat Wertli inzwischen zurückgegeben an die Coiffeuse, die es ihr gemacht hat. Die darf die Haare nun nutzen, um jemand anderem daraus ein Haarteil zu erstellen und damit ein bisschen Normalität zurückzugeben.