Für die Tourismusbranche ist 2020 ein rabenschwarzes Jahr. Die Hotels dürfen zwar trotz Corona-Krise öffnen. Ihre Gäste können sie allerdings an einer Hand abzählen. Die Reisebüros leiden zudem unter der Ungewissheit. Wer will schon Ferien planen, wenn niemand sagen kann, ob man sie dann überhaupt antreten kann?
«Der Sektor Tourismus wurde von der Corona-Epidemie besonders hart getroffen», sagt Erik Jakob, Leiter der Direktion für Standortförderung beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), an der heutigen Medienkonferenz des Bundes. Seine Abteilung ist auch für den Tourismus im Land zuständig.
Vollständige Erholung erst 2022
Die Nachfrage bei Bergbahnen und anderen touristischen Unternehmen sei völlig zusammengebrochen – Jakob spricht von minus 80 bis minus 95 Prozent. Das Seco gehe davon aus, dass sich der Tourismus in der Schweiz erst in der zweiten Jahreshälfte wieder ein wenig erholen werde, ganz einpendeln werde sich die Situation erst 2021. International werde es wohl 2022 werden, bis man wieder am gleichen Punkt wie vor der Krise angelangt sei.
Für 2020 rechnet das Seco im Schweizer Tourismus mit einem Umsatzrückgang von 25 bis 35 Prozent – und das auch nur, wenn es nicht zu Rückschlägen im Kampf gegen das Virus komme, so Jakob.
Impulsprogramm für Tourismus
Derzeit würden diverse Massnahmen geprüft, um den Tourismus im Land zu stärken. Schweiz Tourismus habe bereits einen Antrag auf eine Zusatzfinanzierung von 40 Millionen für ein Impulsprogramm gestellt. Parlament wie auch Verwaltung prüfen diesen Vorschlag nun. Allerdings, gibt Jakob zu bedenken, müsse man aufpassen, dass man ein solches Programm nicht zu früh lanciere. «Es braucht Vertrauen, Zuversicht und Erfahrung, dass die Schutzkonzepte im Tourismus wirken» – vorher nütze ein Impulsprogramm für den Schweizer Tourismus nichts.
Kurzfristig gehe es nun zudem darum, den Tourismus bei der Erarbeitung von Schutzkonzepten zu unterstützen, damit der Betrieb langsam wieder ins Rollen kommen kann. Solche Konzepte soll es laut Jakob jeweils für ganze Destinationen geben, da die Öffnung eines Bergrestaurants beispielsweise nur Sinn macht, wenn auch die Bergbahn offen ist.
Der Tourismus gehört wie die Gastronomie zu den Branchen, die bislang nicht wissen, wie es für sie weitergeht. Im Corona-Fahrplan des Bundesrats kommt sie nicht explizit zur Sprache. Wie BLICK weiss, laufen im Wirtschaftsdepartement derzeit aber Vorbereitungen, um auch im Tourismus-Bereich den Lockdown zu lockern. Ab 8. Juni könnte es zu Öffnungen kommen.
260 Corona-Kranke auf Intensivstation
An der Medienkonferenz ging es nebst dem Tourismus aber auch um andere Themen. Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), gab einen Überblick über die Entwicklung der Epidemie im Land. Demnach liegen derzeit noch 260 Corona-Kranke in der Schweiz auf einer Intensivstation. Vor einer Woche waren es noch rund 400. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung.
Mathys stellt aber fest, dass es gewisse «Ermüdungserscheinungen» in der Bevölkerung gebe, was die Einhaltung der Corona-Regeln anbelange. «Vielen fällt die Decke auf den Kopf, wenn sie immer zu Hause sind», sagt er. Doch er appelliert daran, durchzuhalten: «Nur wenn wir weiter bereit sind, uns an die Massnahmen zu halten, können wir die Lockerungen umsetzen», sagt er. Davon würden alle «zumindest ein bisschen» profitieren.
Nach wie vor müsse jede und jeder einen Beitrag gegen die Pandemie leisten. Vor allem das Abstandhalten werde «in den kommenden Wochen und Monaten zu unserem Alltag gehören».
Armee entlässt Soldaten
Brigadier Raynald Droz kündigte am Montag zudem an, im Verlauf der Woche 300 bis 400 Soldaten nach Hause zu schicken. BLICK hatte bereits vergangene Woche berichtet, dass die Armee wegen der Entspannung der Situation Truppen entlässt. Allerdings müssen sie bereit sein, innert 24 Stunden einzurücken, sollte es doch noch zu einem Ernstfall kommen.
Auch Droz mahnte zur Geduld: «Eine neue Phase hat begonnen, die lange dauern wird», sagte er. «Wir müssen aufmerksam und reaktiv bleiben, die Situation ist nicht völlig unter Kontrolle, wir werden Woche für Woche abschätzen müssen.»
PK Bund 20.04. (15852832)