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Task Force schlägt Alarm:«Wir haben keine Zeit mehr, um abzuwarten»

Taskforce schlägt Alarm
«Wir haben keine Zeit mehr, um abzuwarten»

An der BAG-Pressekonferenz am Freitag äussern sich Experten zur aktuellen Lage. Die Schweiz habe mit ihren hohen Fallzahlen alle Nachbarländer überholt. Bis Anfang November könnten die Kapazitäten ausgeschöpft sein – Massnahmen müssen verschärft werden.
Publiziert: 23.10.2020 um 12:37 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2020 um 06:57 Uhr
Die Corona-Zahlen in der Schweiz steigen weiter.
Foto: Keystone
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Noa Dibbasey und Sermîn Faki

Wie geht es weiter mit Corona? Bekommt die Schweiz die Pandemie in den Griff? Die Wissenschaft befürchtet offenbar das Gegenteil. Tatsächlich betonten die Experten an der Medienkonferenz des Bundesamts für Gesundheit (BAG) heute Freitag die grosse Dringlichkeit in Sachen Corona-Massnahmen.

Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten des BAG, rief zur strikten Einhaltung der Massnahmen auf, denn: «Die Schweiz hat alle Länder um uns herum überholt, was Fallzahlen pro 100'000 Einwohner angeht.»

«Wir müssen die Epidemie stoppen»

Der rasante Anstieg der Fallzahlen bedeute eine baldige Überlastung der Spitäler: «Jede Woche verdoppeln sich Neuinfektionen, die Hospitalisierungen und auch die Todesfälle», erklärte Martin Ackermann, Präsident der wissenschaftlichen Corona-Taskforce. Erste Spitäler schieben wegen Corona bereits Operationen auf. «Wir müssen die Epidemie stoppen», so Ackermann. Wenn das nicht gelinge, werde die oberste Kapazitätsgrenze in den Spitälern zwischen dem 5. und 18. November erreicht sein.

Dann sei nämlich die Kapazität der Spitäler bei den Intensivbetten erreicht, erläuterte Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrats für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD). «Von 1174 Intensivbetten sind zurzeit 732 belegt, 144 davon mit Corona-Patienten», erklärt er. Das sind 19 Prozent.

«Wir haben keine Zeit, abzuwarten»

Die Zeit drängt also, warnte Ackermann: «Wir haben keine Zeit, abzuwarten, um zu schauen, ob die bereits getroffenen Massnahmen ausreichen. Sonst können wir eine Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr abwenden.» Denn alle Massnahmen, die getroffen werden, zeigten ihre Wirkung erst zwei Wochen später.

Für Schweizer hiesse das konkret: «Wir müssen Kontakte vermeiden. Die Massnahmen sollten bis März oder April des nächsten Jahres eingehalten werden, um einen Jojo-Effekt zu vermeiden.» Ackermann empfiehlt daher Homeoffice, wo immer es möglich sei.

Und viel mehr Tests. Er geht davon aus, dass mindestens drei Mal mehr Menschen angesteckt sind als täglich ausgewiesen. Doch auch bei den Tests steht die Schweiz an: Mit den stark steigenden Corona-Fallzahlen gehen der Schweiz nämlich langsam die Kapazitäten aus. «Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden wir die Testkapazitäten überschreiten», sagte Stefan Kuster. «Es geht um Reagenzien, Laborkapazitäten, medizinische Kapazitäten.»

Contact Tracing hat Getriebeschaden

Auch das Contact Tracing bereitet den Experten Sorge. «Wir finden den Ursprung eines ersten Falls häufig nicht mehr», so Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte. Das Contact Tracing habe seine Grenzen erreicht. «Man könnte von einem Getriebeschaden sprechen.» Die Bevölkerung sei gefordert, Eigenverantwortung zu übernehmen.

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