Massnahmen wie im Bundesrat
Gemeinderat Glattfelden erlässt Handy- und Laptop-Verbot

Im Gemeinderat von Glattfelden ZH sind Handys und Laptops verboten – aus Angst vor Indiskretionen. Das kennt man sonst nur vom Bundesrat.
Publiziert: 14.08.2019 um 14:56 Uhr
1/7
Hier ist das Handyverbot schon lange Realität: Blick ins Bundesratszimmer.
Foto: Keystone

In Glattfelden ZH ist die Hölle los: Im sechsköpfigen Gemeinderat herrscht abgrundtiefes Misstrauen. Die Dorfregierenden fürchten einander so sehr, dass sie den Gebrauch von Handy und Laptop für die Gemeinderatssitzungen verboten haben.

Die Angst: Es würden vertrauliche Aussagen protokolliert. Einige Ratsmitglieder hätten sich gefragt: «Kann ich mich noch frei äussern, ohne dass dies festgehalten und später verwendet wird?», zitiert der «Tages-Anzeiger» den Gemeindepräsidenten Ernst Gassmann (68, FDP).

Das Verbot sei «Blödsinn»

Dabei hat die Gemeinde im letzten Jahr eine Office-365-Lösung angeschafft, damit die Gemeinderäte offizielle Dokumente digital einfacher bearbeiten können. Doch nur ausserhalb der Sitzungen.

Kommt hinzu: Wären geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangt, hätte die Gemeinde ein wirksames Mittel in der Hand. Gemäss Artikel 179 des Strafgesetzbuches ist das Aufnehmen von geheimen Sitzungen verboten, es droht eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Daher sei das Verbot eigentlich «Blödsinn», so Gassmann gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Bundesrat kennt ein Handyverbot

Und ein Novum im Kanton Zürich: Keine andere Gemeinde kennt ein solches Handyverbot. Selbst die Kantonsregierung lässt Notebooks und Mobiltelefone zu. Ein Verbot gibt es allerdings im Bundesrat.

Seit mehreren Jahren müssen die Magistraten ihre Handys vor der mittwöchlichen Sitzung in einem Kasten vor dem Bundesratszimmer ablegen. Auch iPads oder Laptops findet man nicht – die Bundesräte benutzen für Notizen nur Papier und Stifte.

Der Grund ist – offiziell – nicht etwa die Angst vor Indiskretionen aus dem Siebnergremium, sondern auch die Furcht vor einem Lauschangriff. Bundesratssprecher André Simonazzi (51) sagte vor Jahren gegenüber BLICK, hinter dem Handy-Verbot stünden «Sicherheitsgründe»: «Der Bundesrat trifft immer wieder die nötigen Vorkehrungen, damit er so sicher wie möglich seine Arbeit machen kann.»

Abhörsicheres Bundesratszimmer

Zwar tagt die Regierung in einem abhörsicheren Raum. Aber gegen Smartphones im Rauminnern hilft das nichts. Und klar ist, dass Mobiltelefone etwa via Trojaner zu Aufnahmegeräten umfunktioniert und so etwa von ausländischen Geheimdiensten oder anderen Neugierigen für Lauschangriffe eingesetzt werden könnten. (sf)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?