Martin Naville, Direktor der Amerikanisch-Schweizerischen Handelskammer, zum Steuerstreit
«Für viele Politiker ist Fall ‹Genf› der Ausweg»

Der US-Deal wird zum grossen Showdown. Das Parlament zeigt wenig Bereitschaft, auf das US-Angebot einzusteigen. Doch trotz buckligen Räten und US-Spionage in Genf: Martin Naville, Direktor der Amerikanisch-Schweizerischen Handelskammer, will die Hoffnung noch nicht begraben.
Publiziert: 11.06.2013 um 10:19 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:39 Uhr
Interview: Jürg Auf der Maur

Herr Naville, der Spionage-Fall in Genf zeigt: Die USA setzt den Rechtsstaat ausser Kraft und führt sich als Grossmacht auf.
Martin Naville:
Halt. Alles, was wir wissen, wissen wir derzeit von einem unzufriedenen ehemaligen subalternen Angestellten. Was der 29-Jährige sagt, ist nicht abgesichert. Es gibt nur ihn als Quelle. Aber es stimmt, dass die USA nach dem 9/11-Attentat die Sicherheits-Schraube angezogen haben und nach unserem Gefühl viel zu stark Richtung Sicherheit gerutscht sind. Aber: die USA sind eine Demokratie und bestimmen ihre Gesetze selbst.

Sogar im Parlament tönt es mittlerweile anders.
Auch sonst ist die Datensicherheit zwischen der Schweiz und den USA nicht zu vergleichen. Was in den USA erlaubt ist, bringt zum Teil unsere Nackenhaare zum Stehen.

Der US-Deal dürfte gestorben sein.
Im Parlament hat niemand Lust, auf den US-Deal einzusteigen. Man weiss nur wenig und ist unter einem enormen Zeitdruck. Kommt dazu, dass die Politiker wissen, dass sie mit einem Ja politisch nichts gewinnen können. Das heisst: Viele suchen nach einem Weg, um aus dieser Falle zu kommen. Für viele ist «Genf» genau dieser Ausweg.

Die Politik in der Schweiz spricht schon lange von einer Erpressung seitens der USA.
Das ist unsere Sicht, aus Sicht der Amerikaner sieht es anders aus. Schweizer Banker haben gemäss vieler Quellen während Jahren viele US Bürger in Amerika dazu motiviert, die Steuern zu umgehen und das Geld in die Schweiz zu bringen. Damit haben sie US-Recht gebrochen. Die USA sagen: Wir machen ein Angebot. Ihr könnt zugreifen, wenn ihr wollt. Wenn nicht, dann machen wir es auf unsere Art nach amerikanischem Recht.

Die Ampel steht doch auf tiefrot?
Im Moment ist eine Beurteilung schwierig. Ich habe noch immer die Hoffnung, dass das Parlament die bestmögliche Alternative annimmt. Und das wäre dieser Deal, auch wenn niemand darüber glücklich ist.

Was passiert, wenn die Schweizer Räte Nein sagen?
Dann werden die USA sehr schnell aktiv, wahrscheinlich mit Klagen gegen Personen und Banken. Die Schweizer Banken sind zwischen Hammer und Amboss. Die Lage ist für sie sehr ungemütlich. Ja zum Deal sagen, ist der einfachere Weg. Es ist keine gute Lösung, aber in der heutigen Lage sicher die beste.

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