Macron hält nichts von der direkten Demokratie
«Die Schweiz ist auch nicht so gut, wie man meint»

Die Gilets jaunes fordern für die Franzosen so viel Mitbestimmung, wie sie die Schweizer haben. Präsident Macron kann dem nichts abgewinnen: Frankreich sei nicht die Schweiz.
Publiziert: 01.02.2019 um 18:15 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2019 um 10:30 Uhr
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Präsident Emmanuel Macron will nichts wissen von der direkten Demokratie à la Suisse. «Die Schweiz funktioniert auch nicht so gut, wie man meint.»
Foto: AP

Die Gilets jaunes wollen, dass die Franzosen – so wie die Schweizer – über Gesetze abstimmen und per Initiative Themen auf die Agenda hieven können. Doch das können sich die Gelbwesten wohl abschminken: Von ihrer Forderung nach mehr demokratischer Mitsprache nach Schweizer Modell hält der französische Präsident Emmanuel Macron (41) nämlich gar nichts.

In einem Gespräch mit Journalisten am Donnerstag wies Macron die Idee, dass sich Frankreich von der direkten Demokratie seines Nachbarn inspirieren lassen könnte, vehement zurück. «Frankreich ist nicht die Schweiz», so Macron gemäss den anwesenden Journalisten.

Um nachzuschieben: «Und die Schweiz funktioniert auch nicht so gut, wie man denkt.» Genauer ausgeführt hat Macron diese Meinung nicht. Er witzelte nur, dass die Schweizer oft über linke Fragen abstimmen und dann rechte Antworten geben würden.

Macron rechnet die Schweiz klein

Zudem habe die Schweiz nur sechs Millionen Einwohner, schon das sei nicht mit 67 Millionen Franzosen vergleichbar. Hier allerdings verschätzt sich der französische Präsident. Die Schweiz zählt unterdessen acht Millionen Einwohner.

Doch Macron zweifelt nicht nur an der Schweiz, sondern auch am eigenen Volk: Die Franzosen seien nicht für die direkte Demokratie gemacht, sagte er. «Wir sind ein gewalttätiges Volk – seit Jahrhunderten.» Schon aus diesem Grund sei das Schweizer Modell ungeeignet.

Parlamentspräsident beleidigte die Schweiz

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein französischer Spitzenpolitiker skeptisch gegenüber dem Schweizer Modell äussert. Beim letzten Mal war es allerdings deutlich weniger elegant: Erst im Dezember hatte Parlamentspräsident Richard Ferrand (56) gemeint, dass in Wahrheit «Wirtschafts-Cliquen und Lobbyisten» bestimmen würden, wie eine Abstimmung ausgeht (BLICK berichtete).

Das wurde als Beleidigung aufgefasst und hat vor allem in der Romandie zu heftigen Protesten von Politikern geführt. So twitterte der Genfer CVP-Nationalrat Guillaume Barazzone (35) damals: «Schande über Sie, Herr Ferrand!»

Diesmal dürften die Reaktionen – zumindest hierzulande – weniger heftig ausfallen. (sf)

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