In Zürich tobt ein harter Kampf um die Kantonsfinanzen. Allerdings: Nicht überall zeigt der Regierungsrat dieselbe Ausgabendisziplin. Mit Lotteriefonds-Geldern, die für gemeinnützige Zwecke wie Kultur oder Soziales bestimmt sind, pflegt er einen eher freimütigen Umgang.
Nun ritzt die Kantonsregierung sogar die Grenze der Legalität. Sie will der Gesundheitsindustrie beim Aufbau des elektronischen Patientendossiers unter die Arme greifen. Mit 4,75 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds. Rund 1,9 Millionen Franken sollen zwar durch Bundesbeiträge wieder zurückfliessen. Dennoch hat Verwaltungsrechtsprofessor Benjamin Schindler grosse Bedenken.
Lotto-Gelder für die private Gesundheitsversorgung?
Fragwürdig sei zunächst, ob der Aufbau des elektronischen Patientendossiers ein gemeinnütziger Zweck sei, erklärt Schindler, der an der Universität St. Gallen lehrt. «Es entspricht kaum der Intention des Verfassungsgebers, mit Lotteriefondsgeldern Infrastrukturprojekte der staatlichen und privaten Gesundheitsversorgung mitzufinanzieren.»
Teils beurteilt Schindler den Antrag sogar als «rechtswidrig»: Während das elektronische Patientendossier etwa für Hausärzte freiwillig ist, sind Spitäler und Pflegeheime dazu verpflichtet, es den Patienten anzubieten. Ein gewichtiger Unterschied: Gesetzliche Aufgaben dürften nicht über Lotteriegelder finanziert werden, so Schindler. Im Bezug auf Spitäler und Heime verstosse das Projekt somit gegen das Lotteriengesetz.
SP: «Gemeinnützigkeit nicht gegeben»
Im Zürcher Kantonsrat teilen etliche Politiker Schindlers Einschätzung. «Die Gemeinnützigkeit ist bei diesem Projekt klar nicht gegeben», sagt etwa SP-Mann Martin Sarbach. «Zudem riecht die Sache nach Selbstbedienung: Der Trägerverein, der das Lotto-Geld erhalten soll, wurde von der Gesundheitsdirektion gegründet. Zugleich ist der Vereinspräsident ein Mitarbeiter bei der Gesundheitsdirektion.»
«Davon profitieren alle Zürcher»
Ob Zürcher Lotto-Millionen in die Gesundheitsindustrie fliessen, entscheidet sich letztlich wohl bei der SVP-Fraktion. Sie ist noch gespalten. Kantonsrat Martin Arnold (SVP) sagt Ja zum Lotto-Geld: «Bei näherer Betrachtung zeigt sich klar, dass dieses Geld der ganzen Zürcher Bevölkerung zugute kommt.» Ein koordiniertes Vorgehen beim elektronischen Patientendossier könne sich positiv auf die Kosten des gesamten Gesundheitswesens auswirken, so Arnold. «Davon profitieren alle Zürcher.»
SVP-Chef Jürg Trachsel vertritt die gegenteilige Meinung. «Die SVP-Fraktion hat entschieden, dass der Aufbau des Patientendossiers durch Gesundheitsdienstleister kein gemeinnütziger Zweck ist. Deshalb sagt die SVP – Stand heute – Nein.»
Momentan befindet sich der Lotto-Millionen-Antrag in der Finanzkommission des Kantonsrats. Das Parlament dürfte noch im Frühling abschliessend entscheiden.