Gestern, acht Uhr morgens, in Lugano TI. Albertina S.* will Nachbar Giuliano Bignasca († 67) die Zeitungen bringen. Seit Jahren kümmert sich die frühere Hausmeisterin im gelben Wohnblock um den Lega-Boss, macht ihm das Frühstück, sieht nach dem Rechten. Auch gestern Morgen klingelt sie an seiner Tür. Niemand öffnet. Die Putzfrau schliesst auf. Dann der Schock: Bignasca liegt auf dem Boden zwischen Bett und Bad. Regungslos.
Um 8.29 Uhr geht der Notruf ein. Minuten später versuchen Notarzt und Sanitäter den Luganeser Politiker zu reanimieren. Vergebens. Bignasca, genannt «il nano», der Zwerg, stirbt vermutlich an Herzversagen.
Wie ein dumpfer Schlag trifft die Nachricht die Stadt, den Kanton, die ganze Schweiz: Bignasca, das Enfant terrible der Tessiner Politik ist tot. Geliebt. Gehasst. Unvergessen.
Enfant terrible der Tessiner Politik
Ein Rechtspopulist, Gründer der Lega dei Ticinesi (1991) und deren Präsident auf Lebzeiten, Ex-Nationalrat (1995 und 1999 bis 2003) und Stadtrat von Lugano (seit 2000).
Bignasca sorgte auch mit seinem Kokainkonsum und dubiosen Geschäften für Schlagzeilen. Immer wieder geriet er mit dem Gesetz in Konflikt. Unter anderem 2007, als er im Wahlrausch mit dem Sturmgewehr vom Balkon schoss.
Als die Todesnachricht die Runde macht, treffen Staats- und Grossräte an der Via Circonvallazione 6 ein. Sie liegen sich in den Armen, weinen.
Gegen 13 Uhr wird Bignascas Leiche aus dem Haus getragen und ins Pathologische Institut von Locarno gebracht. Die Autopsie soll die Todesursache endgültig klären.
In der Parteizentrale in Lugano herrscht beklommene Stille. Lega-Grossrat Angelo Paparelli (70) kann den plötzlichen Tod nicht fassen: «Wir waren am Mittwoch nach der Parteisitzung in seinem Stammlokal. Nano war gut drauf. Er bestellte einen Salami-Teller, ass ein Filet-Steak und trank Cola. Wir haben gelacht, von alten Zeiten geplaudert. Um 22.30 Uhr ging er heim – jetzt ist er tot.» Morgen, um 15.15 Uhr, wird Bignasca in Lugano beerdigt.
* Name der Redaktion bekannt
Bern – Sie sassen nebeneinander, aber Freunde wurden sie nicht. Der ehemalige Aargauer SVP-Nationalrat Walter Glur (69) und Giuliano Bignasca. Glur kam 1999 in den Rat und erhielt den Stuhl neben dem Tessiner Legisten. «Alle sagten damals zu mir, ich sei ein armer Kerl.» Glur erinnert sich: «Bignasca war ein Original, aber auch ein Chaot.»
Manchmal sei er zwei, drei Tage nicht gekommen. Die Post habe sich auf seinem Pult getürmt. Bis es einem Kollegen einmal zu viel wurde. Der habe den ganzen Papierberg in den Abfallkübel geworfen. Eines störte Glur besonders: «Dass Bignasca im Sommer immer in Sandalen, ohne Socken kam.» Glur zu BLICK: «‹Zieh doch wenigstens Socken an›, habe ich ein paar Mal gesagt. Gemacht hat er es nie.» Bei der ersten Gelegenheit wechselte Glur den Platz.
Gross ist die Trauer im Tessin: «Der Schmerz ist riesig», sagt Staatsratspräsident Marco Borradori (Lega, 53). Bignasca habe mit der Lega-Gründung 1991 vielen Leuten wieder Hoffnung gegeben, die politisch keine Stimme hatten. Es sei «schwierig, seinen Tod zu verkraften».
Ruedi Studer, Gabriela Battaglia
Bern – Sie sassen nebeneinander, aber Freunde wurden sie nicht. Der ehemalige Aargauer SVP-Nationalrat Walter Glur (69) und Giuliano Bignasca. Glur kam 1999 in den Rat und erhielt den Stuhl neben dem Tessiner Legisten. «Alle sagten damals zu mir, ich sei ein armer Kerl.» Glur erinnert sich: «Bignasca war ein Original, aber auch ein Chaot.»
Manchmal sei er zwei, drei Tage nicht gekommen. Die Post habe sich auf seinem Pult getürmt. Bis es einem Kollegen einmal zu viel wurde. Der habe den ganzen Papierberg in den Abfallkübel geworfen. Eines störte Glur besonders: «Dass Bignasca im Sommer immer in Sandalen, ohne Socken kam.» Glur zu BLICK: «‹Zieh doch wenigstens Socken an›, habe ich ein paar Mal gesagt. Gemacht hat er es nie.» Bei der ersten Gelegenheit wechselte Glur den Platz.
Gross ist die Trauer im Tessin: «Der Schmerz ist riesig», sagt Staatsratspräsident Marco Borradori (Lega, 53). Bignasca habe mit der Lega-Gründung 1991 vielen Leuten wieder Hoffnung gegeben, die politisch keine Stimme hatten. Es sei «schwierig, seinen Tod zu verkraften».
Ruedi Studer, Gabriela Battaglia