Kriminalität von Flüchtlingen
Schweizer Studie polarisiert in Deutschland

Der deutsche Staat hat eine Schweizer Fachhochschule mit einem heiklen Gutachten beauftragt. Nicht ohne Hintergedanken.
Publiziert: 06.01.2018 um 23:44 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:45 Uhr
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Silvesternacht in Köln (2015/16): Die Schweiz bringt neuen Zündstoff in die deutsche Flüchtlingsdebatte.
Foto: Zvg
Thomas Schlittler

Ob ARD, «Bild», «Spiegel» oder «Süddeutsche Zeitung»: Jedes deutsche Medium hat diese Woche eine Studie über die Gewaltkriminalität von Flüchtlingen thematisiert. Gemäss der Untersuchung ist es in Deutschland 2015 und 2016 zu einem Anstieg von polizeilich registrierten Gewalttaten gekommen – zu einem grossen Teil seien Flüchtlinge für diese Entwicklung verantwortlich.

ZHAW publizierte das Papier

In Auftrag gegeben wurde das Gutachten vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Erstaunlich ist aber, wer das Papier publiziert hat: Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), genauer: dessen Institut für Delinquenz und Kriminalprävention. Wie kommt es, dass eine Schweizer Hochschule, noch dazu eine, die nicht gerade Weltruhm geniesst, für den deutschen Staat eine solche Studie durchführt?

Verena Herb vom zuständigen deutschen Bundesamt sagt: «Die Beteiligung eines ausländischen Forschungsinstituts wurde als zusätzlicher Gewinn angesehen. Im Sinne eines Blicks von aussen auf die Situation in Deutschland.» Das Forschungsprojekt sei nie öffentlich ausgeschrieben gewesen. «Die Projektleitung hat bei uns finanzielle Fördermittel beantragt. Und weil ein Bundesinteresse besteht an dem Thema, haben wir die Studie mit 49 500 Euro unterstützt.»

Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen arbeitete mit

Dazu muss man wissen: Die Studie wurde zwar unter dem Logo der ZHAW veröffentlicht. Mitgearbeitet hat aber auch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) und dessen früherer Direktor Christian Pfeiffer. Dieser ist nicht nur einer der bekanntesten Kriminalwissenschaftler Deutschlands, sondern war einst niedersächsischer Justizminister.

Die Aufmerksamkeit in Deutschland, welche die ZHAW durch die Studie erhält, ist der Fachhochschule nicht unangenehm. Sprecher Abraham Gillis: «Selbstverständlich freut es uns, wenn unsere wissenschaftlichen Studien etwas zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen können.»

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