Kommentar zum Burkaverbot
Frauen retten? Ausgerechnet!

Das Burkaverbot ist reine Symbolpolitik. Kommt hinzu: Vorschriften alleine für Frauen haben in unserer Verfassung nichts verloren.
Publiziert: 21.02.2021 um 11:13 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2021 um 14:06 Uhr
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Jemanden dazu zu zwingen, eine Burka zu tragen, ist bereits heute strafbar.
Foto: keystone-sda.ch
Camilla Alabor

Erst seit 50 Jahren haben die Frauen in der Schweiz das Stimmrecht. Aus­gerechnet im Jahr dieses – himmeltraurigen – Jubiläums stimmen wir darüber ab, ob wir Kleidervorschriften in die Bundesverfassung schreiben wollen. Vorschriften, die alleine auf Frauen abzielen. Die ­alleine für Frauen gelten. Die Initianten sagen es ja selber: Sie sehen in der Burka ein Symbol. Das Symbol des extremen Islam.

Klar, gerade sympathisch sind weder Islamisten noch Burkaträgerinnen. Nur: Wurde ein einziges Problem je durch Symbolpolitik gelöst? Jene Menschen, die tatsächlich radikalisiert sind – wobei gerade die männliche Mehrheit bisher kaum durch exzessives ­Burkatragen aufgefallen ist – , werden durch ein Verbot nicht plötzlich zurück in die Mitte der Gesellschaft finden. Da sind an­dere Instrumente gefragt. Ebenso wenig hilft die Initiative jenen Frauen, die zum Tragen einer solchen Verschleierung gezwungen werden (sofern es diese unter den rund 30 Burkaträgerinnen in der Schweiz denn gibt). Schon heute ist es illegal, jemanden dazu zu zwingen, eine Burka zu tragen. Nötigung heisst das.

Aber vielleicht ist diese Dis­kussion müssig. Schaut man sich an, woher die Initiative kommt, ist klar: Den Initianten geht es nicht um Gleichberechtigung. Nein, ­die Vorlage bringt vielmehr ein latentes Unbehagen gegenüber der ­Präsenz von Muslimen in der Schweiz zum Ausdruck. So wie vor bald 13 Jahren die Minarett-Initia­tive. Aber der ­Islam lässt sich mit ­einem Ja zur Initiative nicht einfach wegstimmen.

All dies bedeutet nicht, dass man Probleme innerhalb der mus­limischen ­Gemeinschaft totschweigen soll. Im Gegenteil: Darüber zu ­reden, ist wichtig. Es geht nicht an, wenn Männer glauben, sich als ­vermeintliches Oberhaupt der ­Familie über Frauen hinwegsetzen zu dürfen. Oder wenn Eltern ihren Töchtern im Kindergartenalter ein Kopftuch umbinden. Aber um ­solche Themen geht es den Initi­anten nicht (oder gar darum, dass solch patriarchales Denken in ­unserer Mehrheits­gesellschaft – ­etwas ­subtiler – weiterhin existiert).

Die Abstimmung über das ­Frauenstimmrecht ist gerade mal 50 Jahre her. Bis zur Gleichberechtigung ist es noch ein weiter Weg. ­Symbolpolitik, die einzig gegen Frauen gerichtet ist, bringt uns da keinen Schritt weiter. Im Gegenteil.

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