Die Allianz zur Bekämpfung der SVP-Begrenzungs-Initiative steht: Mit den am Mittwoch präsentierten Massnahmen zur Verbesserung der Position älterer Personen auf dem Arbeitsmarkt gelang es Karin Keller-Sutter (55, FDP), die Gewerkschaften an Bord zu holen. «Es freut mich, dass wir eine Justizministerin haben, welche die Ängste der Bevölkerung vor der Personenfreizügigkeit nicht nur ernst nimmt, sondern diesen Ängsten mit starken Massnahmen konkret entgegenwirkt», freut sich SP-Nationalrat Corrado Pardini (53, BE).
Die Kündigung der Personenfreizügigkeit per Volksinitiative könne damit gebodigt werden, sagt der Gewerkschafter. Mit dem Rahmenabkommen habe dies aber nichts zu tun, so der Tenor – obwohl die Landesregierung bereits im Juni erklären muss, wie sie in diesem heiklen Dossier fortfahren will. Ein Balanceakt sondergleichen: Innenpolitisch ist der vorliegende Vertragstext praktisch tot, die EU aber will endlich Fortschritte.
Freude über erreichtes Massnahmenpaket
Der Bundesrat solle Brüssel erklären, dass der Arbeitnehmerschutz aus dem Vertragstext herausgelöst werden muss. Ohne diese Korrektur, so Pardini, fände sich garantiert keine Mehrheit für den Rahmenvertrag.
Dabei hatte sich der Bundesrat von den Gesprächen durchaus ein Entgegenkommen im Europadossier erhofft. Der Präsident der Gewerkschaft Travailsuisse, Nationalrat Adrian Wüthrich (39, SP), erklärt: «Die Erwartung vonseiten des Bundesrats war schon da, dass die Gewerkschaften sich beim Rahmenabkommen nun kompromissbereiter zeigten.» Er habe aber deutlich gesagt, dass die beiden Dossiers nichts miteinander zu tun hätten. Bei Wüthrich überwiegen denn auch die Freude über das erreichte Massnahmenpaket und das klare Bekenntnis zum bilateralen Weg: Es zeige sich, dass die Sozialpartnerschaft funktioniert. «So können wir den Problemen der älteren Arbeitnehmenden und den Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt begegnen und die Kündigungs-Initiative glaubwürdig bekämpfen.»
«Alle gegen Cassis»
Ganz anders fällt die Beurteilung in weiten Teilen des Freisinns aus. Noch im Februar hatte die FDP-Bundeshausfraktion ein Bekenntnis zum Rahmenvertrag verabschiedet und dem zuständigen Bundesrat Ignazio Cassis (58, FDP) den Rücken gestärkt. Die treibenden Kräfte hinter diesem Entscheid reagieren nun konsterniert.
Ihm sei noch nicht ganz klar, was mit den nun beschlossenen Massnahmen für den Arbeitsmarkt genau gewonnen sei, sagt Nationalrat Hans-Peter Portmann (56, FDP). «Ich hätte mir gewünscht, dass ein Gesamtpaket inklusive Rahmenabkommen geschnürt wird. Das ist aber nicht der Fall.» Damit gerät der Aussenminister endgültig ins Hintertreffen. Portmann trocken: «Im Bundesrat herrscht derzeit die Stimmung: alle gegen Cassis.» Stelle sich der Bundesrat im Sommer aber nicht hinter den Rahmenvertrag, werde dies in Brüssel als Absage aufgefasst, warnt er. «Mit allen negativen Konsequenzen.»