Kantone warnen vor neuem Strafvollzug
Fussfessel-Träger sind nur zu Bürozeiten überwacht

Ab Neujahr soll die elektronische Überwachung von Straftätern schweizweit häufiger eingesetzt werden. Bereits jetzt warnen kantonale Vollzugsbehörden, dass sie nicht genügend elektronische Mittel und personelle Ressourcen für eine lückenlose Beobachtung haben.
Publiziert: 14.12.2017 um 14:22 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:40 Uhr
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Offenbar sind die Bürozeiten ein Hindernis für die Wirkung der elektronischen Fussfessel.
Foto: Keystone

Erneut macht sich die offizielle Schweiz mit ihren Bürozeiten lächerlich. Nachdem sich 2014 halb Europa darüber amüsiert hat, dass die Schweizer Luftwaffe für Luftpolizeieinsätze nur von 8 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 17 Uhr einsatzbereit ist, nimmt die Öffentlichkeit heute zur Kenntnis, dass auch Straftäter in Halbfreiheit nicht rund um die Uhr überwacht werden.

Dafür hätte eigentlich die elektronische Fussfessel sorgen sollen. Diese müssen die Kantone ab dem 1. Januar 2018 als Vollzugsform der Freiheitsstrafe anbieten. Das sogenannte Electronic Monitoring mit Radiofrequenzen in Räumlichkeiten oder GPS-Peilsendern ist im revidierten Sanktionenrecht neu schweizweit vorgesehen.

Die Kantone warnen jetzt aber, dass das Electronic Monitoring eine falsche Sicherheit vermittelt. Laut «Tages-Anzeiger» kritisieren Vertreter des Justizvollzugs, dass es heute weder technisch noch finanziell möglich sei, den Aufenthaltsort der überwachten Person jederzeit und lückenlos zu überwachen. 

«Wir haben schlicht keine Ressourcen, um Straftäter am Bildschirm in Echtzeit zu überwachen und bei Abweichungen unverzüglich zu intervenieren», sagt etwa Joel Keel, Leiter des Justizvollzugsamts St. Gallen. Sprich: Streift ein Straftäter am Wochenende seine Fussfessel ab, kann er sich bis am Montag frei bewegen.

Zu wenig Ressourcen, nur wenig GPS-Tracker

Die Kantone warnen deshalb vor falschen Sicherheitsgefühlen. Zumal auch nicht alle Straftäter GPS-Peilsender tragen, sondern meist nur via Radiofrequenz innerhalb der eigenen vier Wände kontrolliert werden. Mit Electronic Monitoring könne deshalb kein Rückfall verhindert werden, gibt auch Stefan Weiss, Leiter des Luzerner Justizvollzugs, zu bedenken.

Beruhigend daher, dass der Bund diese Art von Überwachung, obschon sie kostengünstig ist, erst probehalber den Kantonen aufknurrt. Das Parlament hat nämlich beschlossen, dass die neue Vollzugsform erst während dreier Jahre evaluiert werden muss, bevor sie definitiv gilt. (awi)

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