Justizinitiative
Nationalrat diskutiert künftiges Wahlverfahren für Bundesrichter

Im Nationalrat gibt am Mittwochvormittag die Justizinitiative zu reden. Diese sieht vor, dass Bundesrichterinnen und Bundesrichter künftig im Losverfahren bestimmt werden sollen. Das geht den meisten zu weit. Es stehen verschiedene Alternativvorschläge im Raum.
Publiziert: 03.03.2021 um 07:51 Uhr
Die Justizinitiative, die Bundesrichterinnen und Bundesrichter künftig per Los bestimmen will, kommt ins Parlament. Im Nationalrat stehen verschiedene Anträge zur Diskussion. (Archivbild)
Foto: ANTHONY ANEX

Die Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren (Justizinitiative)» wurde 2019 eingereicht. Die Initianten argumentieren, dass es heute in der Schweiz keine Gewaltentrennung gebe, weil Richterinnen und Richter den Parteien für das Bundesrichteramt Geld geben müssten. Damit werde die Judikative zum verlängerten Arm der Legislative.

Dies soll sich mit dem Losverfahren ändern. Für die Zulassung zum Losverfahren sollen ausschliesslich die fachliche und die persönliche Eignung für das Amt als Richterin oder Richter des Bundesgerichts ausschlaggebend sein. Darüber soll eine vom Bundesrat eingesetzte Fachkommission entscheiden.

Die genaue Ausgestaltung des Losverfahrens lässt die Initiative offen. Der Text bestimmt einzig, dass die Amtssprachen angemessen vertreten sein müssen. Heute werden Bundesrichterinnen und Bundesrichter vom Parlament gewählt.

Der Bundesrat und auch eine deutliche Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) empfehlen die Justizinitiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Nach Ansicht der Bürgerlichen würde die Einführung des Losverfahrens die demokratische Legitimation der Justiz und die Akzeptanz von Gerichtsurteilen schwächen. Das Losverfahren sei auch nicht in der schweizerischen Tradition verwurzelt.

Ausserdem nehme das Parlament freiwillig Rücksicht auf die Proporzansprüche der grossen politischen Parteien. So werde gewährleistet, dass das Gericht aus gesellschaftspolitischer Sicht repräsentativ zusammengesetzt und die Wahl demokratisch legitimiert sei.

Trotzdem haben viele Verständnis für einige der Ziele und Anliegen der Initiantinnen und Initianten, insbesondere die Ratslinke und die GLP. Auch der Bundesrat anerkennt beispielsweise «ein gewisses Spannungsverhältnis» zwischen einer unabhängigen Amtsführung und dem zurzeit praktizierten System, wie es in der Botschaft zum Bundesbeschluss heisst.

Problematisch sei beispielsweise der Druck, den Parteien und Parlamentsmitglieder auf die richterliche Unabhängigkeit ausüben könnten, wenn sie Richterinnen und Richtern mit der Nichtwiederwahl drohten, falls unliebsame Urteile gefällt würden.

Die vorberatende Nationalratskommission ist gespalten in der Frage, ob dem Volksbegehren ein Gegenentwurf in Form einer Gesetzesänderung gegenübergestellt werden soll. Zuerst entschied sie sich dafür, zuletzt mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung dagegen. Heisse Diskussionen sind also vorprogrammiert. Am Mittwoch werden voraussichtlich rund zwanzig Nationalrätinnen und Nationalräte ans Rednerpult treten.

Eine starke Minderheit ist der Auffassung, dass Verbesserungen auf Gesetzesebene möglich und wünschenswert sind. Sie beantragt dem Parlament deshalb, das Geschäft an die Kommission zurückzuweisen mit dem Auftrag, einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten.

Zwei andere Minderheiten sprechen sich zudem für einen direkten Gegenentwurf aus: Die eine möchte die Möglichkeit der Abberufung von Bundesrichterinnen und Bundesrichtern in die Bundesverfassung aufnehmen, die andere zusätzlich noch eine Amtszeitbegrenzung vorsehen.

(SDA)

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