Jetzt kämpft der SVP-Politiker (71) für «Gemeindeautonomie»
Der umtriebige Dr. Schlüer

Postfach 54, 8416 Flaach. Hinter dieser Adresse steckt nicht nur das Büro von alt SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer, sondern auch seines «Schweizerzeit»-Verlags und zahlreicher Komitees. Der bald 72-Jährige kann die Politik nicht lassen.
Publiziert: 04.07.2016 um 16:40 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:30 Uhr
Ruedi Studer

Eigentlich ist SVP-Mann Ulrich Schlüer abgewählt. Gleich zweimal wies das Wahlvolk dem früheren Nationalrat die Tür. 2007 und – nachdem er 2009 für den in den Bundesrat gewählten Ueli Maurer wieder nachgerutscht war – 2011 nochmals. Doch Schlüers Abschied aus Bundesbern war kein Abschied aus der Politik. Mit bald 72 Jahren ist der promovierte Historiker und Verleger der nationalkonservativen «Schweizerzeit» umtriebiger denn je.

So überreichte Schlüers Komitee «Nein zur Aushöhlung der Gemeindeautonomie» der Bundeskanzlei heute Morgen gut 1700 Protestbriefe. Viele Gemeinden würden durch die «zuwanderungsbedingte Ausweitung der Sozialhilfe» finanziell enorm belastet, monieren die Unterzeichner, womit die Gemeindeautonomie beeinträchtigt werde. Deshalb müsse der Bundesrat die Einwanderung nun rasch begrenzen, so die Forderung.

Wann setzen Sie sich aufs Altenteil, Herr Schlüer? «Erst, wenn ich alt bin!»

Ein typisches Schlüer-Komitee 

Ein typisches Schlüer-Komitee. Eine typische Schlüer-Aktion. Und solche gibt es viele! Einen Hinweis liefert die Adresse von Schlüers Verlag: Postfach 54, 8416 Flaach. Wer diese Adresse googlet, landet bei Schlüers zahlreichen ausserparlamentarischen Aktivitäten:

  • Komitee «Nein zum schleichenden EU-Beitritt»: 2014 hatte alt Bundesrat Christoph Blocher das Anti-EU-Komitee ins Leben gerufen und Schlüer hat es seither als Geschäftsführer aufgebaut und gemanagt. Schlüers wichtigstes Projekt.
  • «Sifa – Sicherheit für alle»: Mit dieser Gruppierung fokussiert Schlüer auf sicherheitspolitische Themen. So forderte er etwa mit einer Petition die Rückkehr zu systematischen Grenzkontrollen durch das Grenzwachtkorps.
  • «Egerkinger Komitee»: Das Komitee ist nicht etwa in Egerkingen domiziliert, sondern in Flaach. Von hier aus lancierte und koordinierte Schlüer die erfolgreiche Minarett-Initiative. Derzeit sammelt er für eine neue Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot – oder eben für ein Burka-Verbot.
  • Aktion «Bildungs-Kompass»: Den Lehrplan 21 geisselt Schlüer als «zentralistisches Bildungsprojekt». Den Lehrplan-21-Gegnern liefert er den ideologischen Unterbau – und unterstütz auch die Lancierung von kantonalen Initiativen und Referenden.
  • Bürgeraktion «Gesunde Währung»: Mit diesem Komitee kämpft Schlüer für höhere Goldreserven der bei der Schweizerischen Nationalbank. Allerdings erlitt seine Gold-Initiative vor dem Volk Schiffbruch. Seither ist es ruhig geworden um das Komitee. «Wir kommen aber bald mit einer neuen Aktion», verspricht Schlüer.

Unterschriften-Büro der SVP

Doch nicht nur mit eigenen Komitees hält Schlüer die Behörden auf Trab. Über sein Büro werden insbesondere auch die Unterschriftensammlungen der SVP koordiniert.

So werden die Unterschriften für die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP derzeit ebenso ans «Postfach 54» nach Flaach geschickt, wie zuvor die Unterschriften für das SVP-Referendum gegen das Asylgesetz.

Schlüer selber ist übrigens noch immer im SVP-Parteivorstand aktiv.

Rückzug? «Erst, wenn ich alt bin!» 

Wird der rechte Hansdampf der Politik denn niemals überdrüssig? Wann setzen Sie sich aufs Altenteil, Herr Schlüer? «Erst, wenn ich alt bin!», antwortet Schlüer und lacht herzhaft. «Ich bin noch voll einsatzfähig. Mir wäre langweilig, wenn ich nur Zeitungen lesen würde.»

Zurückbuchstabiert hat er allerdings schon ein bisschen. Den Posten als «Schweizerzeit»-Chefredaktor übergab er letztes Jahr in neue Hände. Doch er bleibt weiterhin Verleger des Blatts. «Das bleibt vorläufig so», sagt Schlüer, wobei für eine allfällige Nachfolge schon «ein Notfallszenario besteht».

Er halte sich etwas mehr im Hintergrund als früher, meint Schlüer. So war er denn auch heute Morgen beim Termin mit der Bundeskanzlei nicht vor Ort präsent, stattdessen übernahm der frühere JSVP-Präsident Anian Liebrand den Lead. 

«Ich muss nicht immer an vorderster Front dabei sein», sagt Schlüer. Trotzdem: Bezüglich Politik scheint ihm der Schnauf nicht auszugehen. «Ich bin als Staatsbürger geboren und werde als Staatsbürger sterben», sagt Schlüer. «Ans Aufhören denke ich noch lange nicht.»

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