In der iranischen Hauptstadt Teheran waren auch am sechsten Tag des Kriegs zwischen Israel und Iran Explosionen zu hören. Augenzeugen berichteten von mehreren Explosionen im Nordosten der Millionenmetropole und von schwerem Flugabwehrfeuer. Berichte über Opfer oder Schäden gab es zunächst nicht. Israels Armee bestätigte, dass die israelische Luftwaffe «derzeit militärische Ziele des iranischen Regimes in Teheran» angreife.
Bei Angriffen in der Nacht wurden nach israelischen Angaben Uran-Zentrifugen und mehrere Waffenfabriken ins Visier genommen. Zudem seien mehr als 40 militärische Ziele im Westen des Irans angegriffen worden. Die israelische Armee gab erstmals jedoch auch den Abschuss einer ihrer Drohnen zu.
Chamenei warnt vor «irreparablem Schaden»
«Das iranische Volk ist entschlossen und wird sowohl gegen einen auferzwungenen Krieg als auch gegen einen auferzwungenen Frieden Widerstand leisten», sagte Chamenei bei einer im Fernsehen übertragenen Ansprache.
Die USA warnte er eindringlich vor einem militärischen Eingreifen in den Konflikt. Das werde «irreparablen Schaden» hervorrufen, so das iranische Staatsoberhaupt.
Am Dienstag hatte US-Präsident Donald Trump Chamenei unverhohlen gedroht. «Wir wissen genau, wo sich der sogenannte «Oberste Führer» versteckt hält», schrieb Trump auf der Plattform Truth Social. «Er ist ein leichtes Ziel.» Vorerst sei Chamenei dort aber sicher. «Wir werden ihn nicht ausschalten (töten!), zumindest nicht im Moment.»
Trump warnte den Iran davor, Raketen auf Zivilisten oder US-Soldaten abzufeuern und mahnte: «Unsere Geduld geht langsam zu Ende.» In einem weiteren Post schrieb Trump – wohl an den Iran gerichtet – in Grossbuchstaben: «Bedingungslose Kapitulation!»
Russland warnt USA vor direkten Angriffen auf Iran
Das russische Aussenministerium warnte die USA ebenfalls vor einem direkten Eingreifen. «Das wäre ein die gesamte Lage radikal destabilisierender Schritt», sagte Vizeaussenminister Sergej Rjabkow auf dem Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Selbst Spekulationen in diese Richtung seien sehr gefährlich, sagte der Diplomat.
US-Medien: Israels Abfangraketen werden knapp
Abfangraketen für das israelische Abwehrsystem Arrow könnten US-Medienberichten zufolge bald knapp werden. Die USA seien sich der Kapazitätsprobleme seit Monaten bewusst, zitierte das «Wall Street Journal» einen US-Beamten. Deshalb habe Washington Israels Verteidigung mit Systemen am Boden, zu Wasser und in der Luft verstärkt und seit Juni weitere Raketenabwehrsysteme in die Region geschickt.
Sorge um die Verteidigungsfähigkeit Israels äusserte auch eine über die Einschätzungen US-amerikanischer und israelischer Geheimdienste informierte Quelle in der «Washington Post»: Israels Abwehrfähigkeit sei nur noch zehn oder zwölf weitere Tage auf bisherigem Niveau zu halten. Allerdings ist unbekannt, welche Mengen an Munition der Iran noch in der Hinterhand hat. Es wird spekuliert, dass die Vorräte bereits deutlich ausgedünnt sind.
Vereinzelte Protestaufrufe
Das Leben in Teheran steht unterdessen weitgehend still. Geschäfte bleiben geschlossen. Banken sind zwar geöffnet, können aber kein Bargeld auszahlen, so ein dpa-Reporter vor Ort.
Auch iranische Medien berichteten, dass mehrere Banken Probleme bei der Auszahlung von Devisen hatten, stellten das jedoch als vorübergehendes Problem dar. Trotz vielfach geschlossener Apotheken beteuerte die Regierung, es werde nicht zu Engpässen in der Versorgung mit Medikamenten kommen.
Vereinzelt kommt es nach dpa-Informationen auch zu Protestaufrufen gegen die Regierung. Die Bewohner grösserer Wohnblöcke gehen nach israelischen Bombardements oft auf die Dächer, um zu sehen, wo sich die Einschläge ereigneten. Dann erschallen immer wieder Rufe wie «Marg bar Chamenei» (Tod für Chamenei). Beim Eintreffen von Sicherheitskräften ziehen sich die Menschen schnell nach solchen «Dachprotesten» in ihre Wohnungen zurück.
Präsident Massud Peseschkian rief die Menschen laut der den Revolutionsgarden nahestehenden Nachrichtenagentur Tasnim zur Einigkeit auf. «Solange wir das Volk hinter uns haben, werden wir auch keine Probleme haben», wurde Peseschkian zitiert. Daher sei es nun umso wichtiger, die nationale Einheit zu bewahren. Dann könne jede Krise überwunden werden, so der Regierungschef weiter.
Spekulationen über einen baldigen Umsturz sind nach Einschätzungen von Beobachtern vor Ort verfrüht. Zwar habe ein Aufruf dazu von dem im Exil lebenden Sohn des letzten Schahs von Persien, Reza Pahlavi, Aufmerksamkeit erregt. Dieser sei wegen seines Vaters aber auch umstritten und Proteste auf den Strassen seien bislang ausgeblieben.