In Österreich soll ein Grossteil der Zuwanderer Integrationsvereinbarungen unterschreiben, in denen sie sich verpflichten, Deutsch- und Wertekurse zu besuchen. Eine solche Pflicht gibt es in der Schweiz nicht.
Die Kantone können jedoch seit 2008 genau solche Vereinbarungen abschliessen – und immer mehr tun dies. Auch der anfängliche Integrations-Röstigraben schliesse sich, beobachtet Experte Thomas Kessler, der als Vater dieser Vereinbarungen gilt.
«Die Romandie ist traditionell toleranter gegenüber anderen Lebensweisen», sagt der Ex-Integrationsbeauftragte von Basel-Stadt, der aktuell verschiedene Behörden im In- und Ausland berät, darunter auch solche in Österreich: «Aber durch die Nähe zu Frankreich ist man dort in den letzten Jahren deutlich auf die Gefahr durch Nichtintegrierte sensibilisiert worden.»
Solothurn hat die Zahl der Vereinbarungen reduziert
Dass es keine nationale Integrationspolitik gibt, findet Kessler richtig: «Was in Zürich Sinn macht, wäre in Appenzell falsch.» Er hält denn auch wenig von der österreichischen Pflicht: «Flächendecke Kurse, das klingt gut. Aber sie sind nicht für alle nötig und daher zu kostspielig.» Deshalb seien einzelne Kantone wieder davon abgekommen.
Einer dieser Kantone ist Solothurn. Bis 2013 wurden noch mit jedem Einwanderer Gespräche geführt, so die Integrationsbeauftragte Yvonne Schär. Seither aber nur noch mit jenen aus Nicht-EU-Staaten. Insgesamt wurden in den letzten vier Jahren 738 Integrationsvereinbarungen abgeschlossen und der Besuch eines Deutsch-Integrationskurses vereinbart. Renitent, so dass eine Meldung ans Migrationsamt nötig war, waren nur 15 Personen.
Kantönligeist als Chance oder Risiko?
Einen Nachteil hat der Kantönligeist aber, findet Julia Morais, ehemalige Integrationsbeauftragte des Kantons Zürich: Er führe zu Ungleichbehandlungen. Sie selbst setzte im Kanton Zürich eher auf Anreiz und Motivation, mehrere Kantone hatten andere Prioritäten. Dass die unterschiedlichen Regelungen zu Unmut führen können, gibt Kessler zu. «Aber dadurch lernen Zuwanderer auch die Schweizer Realität kennen. Man müsse es ihnen erklären, aber: «Letztlich müssen die Leute das aushalten.»