Das Kreisgericht Wil SG hat gestern den Hobby-Kicker Lukas M.* (20) wegen eines Fouls verurteilt. Ende Mai 2016 kam es während eines Viertliga-Spiels zu einem unglücklichen Zusammenstoss. Der Gegenspieler von M. wurde dabei verletzt, zog vor Gericht und bekam recht.
M. wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Muss eine Geldstrafe zahlen, die Verfahrenskosten übernehmen und Schadensersatz an den Verletzten leisten. Und alles nur wegen eines Fouls.
Eine Welle von Klagen wird folgen
Der Anwalt des Hobby-Kickers Lucien Valloni schüttelt darüber nur den Kopf. «Das war ein unglücklicher Zusammenprall, aber das ist Fussball, so was kann passieren. Und jeder, der an einem Fussballspiel teilnimmt, nimmt dieses Risiko in Kauf. Es macht für uns den Anschein, als ob man von der Schwere der Verletzung automatisch auch auf ein schweres Foul geschlossen hat», sagt Valloni zu BLICK.
Das Wiler Foul-Urteil wird Konsequenzen haben, meint Valloni. «Das wird eine Welle von Klagen nach sich ziehen. Denn jetzt kann beinahe jedes Foul vor Gericht landen.»
Das muss auf dem Rasen geregelt werden
Sportanwalt Rolf Müller schätzt den Fall ähnlich ein. «Ein normaler Zweikampf, auch wenn er unglücklich ausgeht, sollte nicht zu einer Verurteilung im strafrechtlichen Bereich führen.» Denn wenn das Bundesgericht in letzter Instanz das Wiler Gericht bestätigt, würde dies eine Welle von Klagen nach sich ziehen. «Und das könnte den Fussball zerstören.»
Eine Horror-Vorstellung für Müller, der dreissig Jahre Fussball gespielt hat. «Solche Dinge sollten auf dem Rasen beziehungsweise verbandsintern geklärt werden und nicht im Gerichtssaal.»
Ob der Fall bis zum Bundesgericht gezogen wird, bleibt abzuwarten. Unklar ist, ob der verurteilte Goalie Berufung gegen das Urteil einlegt. Sein Anwalt Valloni: «Wir müssen das Urteil erstmal verdauen. Mein jugendlicher Mandant soll nicht wegen eines in jedem Spiel möglichen unglücklichen Zusammenstosses als Straftäter gelten. Innerhalb von zehn Tagen können wir in Berufung gehen. Ob wir dies auch tun werden, muss noch diskutiert werden.»
Auf Regelbruch folgt die Strafe
Auch wenn das Urteil des Kreisgerichts Wil umstritten ist, gibt Anwalt Philipp Skarupinski zu bedenken: «Der Sport ist kein rechtsfreier Raum.» Wer sich nicht an die Regeln halte, kann bestraft werden.
Nichtsdestotrotz wundert sich der Jurist über das Urteil. «Wenn die Verletzung im Rahmen eines sportlich geführten Zweikampfs innerhalb der anerkannten Regeln passiert ist, überrascht mich das Urteil. Besonders, dass dann vom Gericht auf eine fahrlässige Körperverletzung entschieden wurde. Denn man kann ja auch auf dem Platz umknicken oder ausrutschen.»
* Name der Redaktion bekannt