Hausdurchsuchung und Strafverfahren
Blocher in der Zuppiger-Falle?

Die Zürcher Justiz ermittelt im Fall Hildebrand jetzt auch gegen Christoph Blocher. Gerät der SVP-Nationalrat jetzt in die gleiche Zwickmühle politisch wie Parteikollege Bruno Zuppiger?
Publiziert: 21.03.2012 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:41 Uhr
Gestern tauchte die Zürcher Polizei hier zur Razzia auf: Blochers Villa in Herrliberg.
Foto: Philippe Rossier
Von Henry Habegger

Ob Christoph Blocher mit diesem Besuch gerechnet hat? Gestern Morgen liess die Zürcher Staatsanwaltschaft beim SVP-Nationalrat Hausdurchsuchungen durchführen. Die eine in seiner Villa in Herrliberg ZH. Die zweite an einem Firmensitz, vermutlich bei Blochers Beratungsfirma Robinvest in Männedorf ZH.

Die Justiz prüft, ob und wie Blocher beim Bankdatenklau, der zum Sturz von Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand führte, die Finger im Spiel hatte. Die Staatsanwaltschaft hat darum das Strafverfahren wegen Bankgeheimnis-Verletzung auf Blocher ausgedehnt, wie sie mitteilt: «Gegenstand des Verfahrens ist die Prüfung einer strafrechtlich relevanten Beteiligung von Christoph Blocher an der Weitergabe von geheimen Bankdaten durch den IT-Mitarbeiter.»

Im letzten Herbst hat ein IT-Mitarbeiter der Bank Sarasin Bankauszüge des Ehepaars Hildebrand geklaut. Er wollte beweisen, dass das Ehepaar ­Devisentransaktionen durchführte. Die geklauten Unterlagen wanderten zum Thurgauer SVP-Anwalt Hermann Lei, zu Blocher und zur Blocher-nahen «Weltwoche». Blocher informierte im Dezember Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey. Anfang 2012 trat Hildebrand zurück.

Blocher schweigt

Auf Verletzung des Bankgeheimnisses und Verleitung dazu steht Gefängnis bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Christoph Blocher äussere sich nicht zu Strafverfahren gegen ihn, sagte gestern sein Sprecher Livio Zanolari. In der Natio­nalbank-Debatte im Natio­nalrat hatte Blocher letzte Woche noch gesagt: «Was hier für Mist erzählt wurde von gestohlenen Akten, die weitergegeben wurden usw. – ich weiss nichts davon.»

Vertreter anderer Parteien reagierten gestern erleichtert, dass die Justiz die Sache klärt. «Ich bin zufrieden, dass die Staatsanwaltschaft wie bei jedem anderen Staatsbürger ihre Arbeit macht», sagt etwa CVP-Ständerat und Anwalt Pirmin Bischof. «Es ist angesichts des laufenden Verfahrens aber nicht an uns, Rücktrittsforderungen oder Ähnliches zu stellen.» Die SVP müsse selbst entscheiden, ob es Handlungsbedarf gebe.

Rücktrittsforderungen an Zuppiger

Im Fall von SVP-Nationalrat Bruno Zuppiger, gegen den ebenfalls ein Strafverfahren läuft, erhob die Zürcher SVP schnell Rücktrittsforderungen.

Der Fall Blocher liege anders, sagt Präsident Alfred Heer: «Er handelte nicht aus Eigennutz, sondern um einen Missstand aufzudecken. Er hat nur seine Verantwortung wahrgenommen. Wenn ein Politiker da am Schluss der Angeschmierte ist, dann ist das ein Skandal.»

Schützenhilfe erhielt Blocher diesbezüglich von SP-Chef Christian Levrat. Blocher habe richtig gehandelt, die Sache dem Bundesrat zu melden, sagte er gestern. Aber es sei richtig, dass die Justiz «endlich ihre Arbeit macht». Heikler Punkt sei die Lieferung der Daten an die «Weltwoche».

Was ist mit Blochers Immunität?

Offen ist, ob sich Blocher auf seine Immunität als Nationalrat berufen will. «Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Immunität nicht gegeben ist», sagt Staatsanwalt-Sprecherin Corinne Bouvard. Denn die gelte «nur für strafbare Handlungen, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit stehen».

Aber: «Es steht Herrn Blocher natürlich frei, sich darauf zu berufen.» Dann müsste das Parlament in Bern entscheiden, ob es die Immunität aufheben will.

Die SVP fordert eine Par­lamentarische Untersuchungskommission zur Affäre Hildebrand, die anderen Parteien sind dagegen. Für sie reichen die ­Untersuchungen der Geschäftsprüfungskommissionen. Und die der Justiz. Seit gestern wohl erst recht.

Staatsanwalt macht seinen Job

Kommentar des stv. Chefredaktors Clemens Studer


Kein Zweifel: Christoph Blocher hat einen schlechten Lauf! Auf die Verluste seiner SVP bei den Nationalratswahlen folgte der kläglich gescheiterte Sturm aufs Stöckli. Dann kamen die lausig gemanagten Bundesratswahlen. Und jetzt noch die Polizei.
 

Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Bundesrat eröffnet, und Polizisten durchsuchten an der Goldküste seine Villa und seine Firma. Das hat es in der Schweizer Geschichte noch nie gegeben.
 

Es geht um die Frage: Welche Rolle spielte Blocher beim Diebstahl der Bankdaten von Ex-Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand und deren Weitergabe?
 

Es geht nicht um die Frage: War der Hildebrand-Rücktritt richtig oder falsch? Er war am Ende unvermeidlich.
 

Sicher ist: Kein Staatsanwalt geht gegen ein so hohes und reiches Tier wie Blocher ohne starke Indizien in der Hand vor. Denn wer sich mit Blocher anlegt, muss damit rechnen, dass mit allen Mitteln versucht wird, ihn beruflich zu vernichten und als Person zu erledigen.
 

Nicht sicher ist: Hat der Intrigen-erprobte Blocher tatsächlich Recht gebrochen, um einen seiner Gegner abzu­schies­sen? Und wenn: Wird man es ihm rechtsgenügend nachweisen können? Blocher hat zwar auch in der Hildebrand-Affäre die Wahrheit ganz offensichtlich mehr als einmal mehr als nur gebogen. Doch auch für ihn gilt, was er selber anderen gerne schon mal abspricht: die Unschuldsvermutung.
 

Schön ist: Der Rechtsstaat funktioniert!

Clemens Studer, stv. Chefredaktor BLICK
Clemens Studer, stv. Chefredaktor BLICK
Philippe Rossier

Kommentar des stv. Chefredaktors Clemens Studer


Kein Zweifel: Christoph Blocher hat einen schlechten Lauf! Auf die Verluste seiner SVP bei den Nationalratswahlen folgte der kläglich gescheiterte Sturm aufs Stöckli. Dann kamen die lausig gemanagten Bundesratswahlen. Und jetzt noch die Polizei.
 

Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Bundesrat eröffnet, und Polizisten durchsuchten an der Goldküste seine Villa und seine Firma. Das hat es in der Schweizer Geschichte noch nie gegeben.
 

Es geht um die Frage: Welche Rolle spielte Blocher beim Diebstahl der Bankdaten von Ex-Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand und deren Weitergabe?
 

Es geht nicht um die Frage: War der Hildebrand-Rücktritt richtig oder falsch? Er war am Ende unvermeidlich.
 

Sicher ist: Kein Staatsanwalt geht gegen ein so hohes und reiches Tier wie Blocher ohne starke Indizien in der Hand vor. Denn wer sich mit Blocher anlegt, muss damit rechnen, dass mit allen Mitteln versucht wird, ihn beruflich zu vernichten und als Person zu erledigen.
 

Nicht sicher ist: Hat der Intrigen-erprobte Blocher tatsächlich Recht gebrochen, um einen seiner Gegner abzu­schies­sen? Und wenn: Wird man es ihm rechtsgenügend nachweisen können? Blocher hat zwar auch in der Hildebrand-Affäre die Wahrheit ganz offensichtlich mehr als einmal mehr als nur gebogen. Doch auch für ihn gilt, was er selber anderen gerne schon mal abspricht: die Unschuldsvermutung.
 

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