Über die tatsächlichen Machtverhältnisse und Hintergründe des mutmasslichen Staatsstreichs ist vieles unklar. Die Strassen in der Hauptstadt Bissau waren am Donnerstag leer, während Soldaten an wichtigen Punkten stationiert waren, wie Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur berichteten.
Am Tag zuvor hatte eine Gruppe von Offizieren verkündet, die Macht in dem Tropenland mit etwa 2,2 Millionen Einwohnern übernommen zu haben. Zur Begründung sagten sie, das Militär habe einen Plan zur Wahlmanipulierung und Destabilisierung des Landes aufgedeckt, in den Politiker sowie ein Drogenbaron verwickelt seien. Guinea-Bissau ist Experten zufolge ein wichtiger Knotenpunkt für den Kokain-Schmuggel zwischen Lateinamerika und Europa.
Der nach Angaben des Militärs nun abgesetzte Präsident Umaro Sissoco Embaló hatte einem französischen Medium gesagt, er sei vom Militär festgenommen worden. Ihm sei aber keine Gewalt angetan worden. Berichten zufolge soll das Militär auch versucht haben, Embalós Herausforderer Fernando Dias festzunehmen. Dieser konnte jedoch in Sicherheit gebracht werden, wie er in einem auf Facebook veröffentlichten Video beschrieb.
Sowohl Embaló als auch Dias hatten sich nach der Präsidentenwahl am Sonntag zum Sieger erklärt. Ergebnisse waren noch nicht veröffentlicht worden. Die wichtigste Oppositionspartei PAIGC war von der Wahl ausgeschlossen und stützte den unabhängigen Kandidaten Dias. PAIGC-Parteichef Domingos Simões Pereira wurde nach Angaben seiner Partei ebenfalls festgenommen.
Guinea-Bissau hat seit seiner Unabhängigkeit von Portugal 1974 mehrfach Putsche und Putschversuche erlebt. Das Militär mischt sich schon viele Jahre stark in die Politik ein. Der frühere General Embaló (53) regiert seit 2020 und hatte das Parlament Ende 2023 aufgelöst. Er hat in der Vergangenheit mehrfach von Putschversuchen gegen ihn gesprochen, zuletzt im Oktober.
Seine Amtszeit ist seit Monaten abgelaufen. Kritiker werfen ihm vor, Oppositionelle, Journalisten und Menschenrechtler zu unterdrücken.