Mitte Juni war es wieder so weit: Die Schweiz hat die Grenze von 10'000 geknackt. Nein, es geht hier nicht um die Anzahl der Corona-Infizierten – sondern um die Anzahl der an einem Tag durchgeführten Tests. Seit Ende Juni ist die Grenze immer wieder überschritten worden. Vorläufiger Spitzentag war der 30. Juni, an dem bei über 14'000 Menschen in der Schweiz und Liechtenstein ein Abstrich gemacht wurde
Just seit Ende Juni klettert auch die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen immer wieder in den dreistelligen Bereich. Der Verdacht liegt nahe, dass die steigenden Fallzahlen vielleicht gar nicht so dramatisch sind. Denn je mehr Menschen sich testen lassen, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass Corona-Infektionen auch entdeckt werden. Und inzwischen sind auch die Testkriterien angepasst worden: Auch ohne starke Symptome kann man abklären lassen, ob die Partynacht mehr Folgen als einen Kater hat. Die Kosten übernimmt der Bund.
Auf die Prozente kommt es an
Alles halb so schlimm also? Leider nein. Denn nicht nur die Anzahl Tests ist gestiegen, sondern auch der Prozentsatz an positiven Tests – die so genannte Positivitätsrate. Diese ist um einiges aussagekräftiger als die täglichen Fallzahlen. Wenn es nicht mehr Infektionen gibt, sondern nur mehr Infektionen entdeckt werden, müsste diese Rate mit steigenden Testzahlen eigentlich sinken. Dem ist aber nicht so. «Die Positivitätsrate ist von zeitweise 0,4 auf aktuell zirka 1,1 Prozent gestiegen», so Stefan Kuster (43) vom BAG am Donenrstag vor den Medien.
Gleichzeitig ist auch der sogenannte R-Wert angestiegen, der angibt, wie viele weitere Menschen ein Infizierter ansteckt. Der R-Wert kann jeweils nur mit Verzögerung gemessen werden, der aktuelle Wert von Ende Juni beträgt laut Kuster 1,38 – eine infizierte Person steckt im Schnitt 1,38 weitere an. Und Kuster stellt gleichzeitig klar: «Wenn es so weitergeht, werden wir kontinuierlich ansteigende Fallzahlen haben.» Damit die Epidemie abflacht, müsse der R-Wert auf unter 1 gedrückt werden.
Immerhin sagt Kuster auch: «Wir haben die Hoffnung, dass sich die Zahlen stabilisieren.» Doch die täglichen Fallzahlen sind eben ungeachtet von Positivitätsrate und R-Wert wichtig, weil sie einen grossen Aufwand für das Contact Tracing der Kantone bedeuten. «Die Frage ist, ob wir als Land eine Fallzahl von 100 bis 150 längerfristig kontrollieren können.» Noch, so Kuster, sei das nach Einschätzung des BAG aber der Fall.