Gripen-Nein und Minderheit im Bundesrat
Wie schrecklich war Ihr Jahr, Herr Maurer?

Verteidigungsminister Ueli Maurer musste mit dem Nein zum Gripen eine schwere Niederlage einstecken. Im Umgang mit der EU rät er zu Gelassenheit.
Publiziert: 31.12.2014 um 23:01 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:28 Uhr
Der VBS-Chef Ueli Maurer will nach dem Gripen-Nein die Luftabwehr stärken.
Foto: Peter Mosimann

Herr Bundesrat, Frauenquote, Lohnpolizei, Kulturbotschaft – können Sie sich noch an den letzten bürgerlichen Entscheid des Bundesrats erinnern?
Ueli Maurer:
(Lacht) Ja, ja, die gibt es! Was ist denn bürgerlich? Das ist immer auch eine Frage der Definition. Der Bundesrat fällt diese Entscheide und ich habe das nicht zu kommentieren.

Im Bundesrat finden Sie sich oft in der Minderheit. Wie wichtig ist Ihre Stimme, die Stimme des einzigen SVP-Vertreters, in der Regierung überhaupt noch?
Ich denke, es gehört zu unserem System, dass unterschiedliche Meinungen zusammenkommen. Man spricht immer von mir, der in der Minderheit sei. Aber es trifft durchaus auch einmal meine Kollegen. Das gehört dazu. Wer das nicht erträgt, kann dieses Amt nicht ausüben.

Und diese Position erlaubt es Ihnen, zugleich Regierungs- und Oppositionspartei zu sein.
Ja. Das ist einfach die Realität. Die Leute erwarten ja von uns, dass wir die Anliegen in der Regierung vertreten, mit denen wir zur Wahl angetreten sind. Damit ist man logischerweise, gerade in der Aussenpolitik, in einer Oppositionsrolle gegenüber dem Rest der Parteien. Das war immer so und wird wohl noch eine Weile so bleiben.

Sie werden als der Verteidigungsminister in die Geschichte eingehen, der die Gripen-Abstimmung verloren hat. War das Jahr tatsächlich so schrecklich für Bundesrat Ueli Maurer?
Nein. Die Journalisten, die das schreiben, können mich nicht ärgern. Klar, ich hätte lieber gewonnen. Aber ich habe  immer gesagt: Wir müssen die Armee als Gesamtsystem entwickeln. Das ist uns gelungen. Wir haben eine Schlacht verloren, aber den Krieg, den haben wir gewonnen. 

Aber diese Schlacht wurde von Ihnen als extrem wichtig dargestellt. Wie sieht es denn nun aus, ist ein Alternativ-Plan zum Gripen in Arbeit, um die Lücke zu schliessen?
Wir kommen jetzt mit einem ersten Teil des Rüstungsprogramms 2015. Darin verstärken wir die Luftabwehr am Boden. Wir machen logischerweise das, was aus der Abstimmung folgt. Aber ich möchte eines korrigieren, man hat mir immer vorgeworfen, ich würde mich zu wenig für den Gripen einsetzen. Ich habe nie gesagt, das ist das Allerweltsprojekt, sondern stets betont, dass die gesamte Armee, das Gesamtpaket entscheidend sei. Selbstverständlich war der Gripen wichtig – aber die Armee als Ganzes ist zentraler. Die Luftverteidigung muss nun entsprechend ausgebaut werden.

Wenn der Gripen der Tiefpunkt des vergangenen Jahres war, was war Ihr Höhepunkt?
Alles andere. Es war doch ein gutes Jahr! Ich denke halt ein bisschen langfristiger als Sie, nicht nur von Sonntag zu Sonntag. Dann sieht man, dass wir in den sechs Jahren, in denen ich dieses Departement nun führe, sehr viel erreicht haben. Alles ist erfüllt. Der Gripen ist das einzige Projekt, das wir nicht hingekriegt haben.

Haben Sie als Vertreter jener Partei, die dem Bundesrat die Masseneinwanderungs-Initiative eingebrockt hat, noch einen Tipp für Ihre Kollegen, die 2015 in Brüssel verhandeln müssen? Die EU hat einmal mehr betont, die Personenfreizügigkeit sei nicht verhandelbar.
Ein Wort: pragmatisch. Die EU hat doch die gleichen Interessen wie wir. Dass Brüssel im Moment nicht die grossen Zugeständnisse machen kann, verstehe sogar ich.

Sie haben Verständnis für die EU?
Wenn die EU der Schweiz zurzeit nachgibt, öffnet sie die Büchse der Pandora. Weitere Länder, allen voran Grossbritannien, werden Gleiches fordern.

Welchen Ueli Maurer erleben wir 2015? Den Bundesrat oder den Wahlkämpfer?
Man hat immer beide Hüte auf. Ich bin Bundesrat, aber auch ein Vertreter der SVP-Wählerschaft. Und darum kann man das auch nicht trennen.

Wie gross sind die Chancen, dass Sie einen Parteikollegen im Bundesrat begrüssen können?
Ich lese nicht im Kaffeesatz.

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