Corona-Hotspot Waadt
Gesundheitsdirektoren wollen Schraube anziehen

Der Kanton Waadt ist das Corona-Sorgenkind der Schweiz – und lockert gleichzeitig die Quarantäne-Bestimmungen. Das macht den kantonalen Gesundheitsdirektoren keine Freude. Im Gegenteil: Sie würden die Schraube lieber weiter anziehen.
Publiziert: 18.09.2020 um 11:45 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2020 um 16:46 Uhr
Daniel Ballmer

Die kantonalen Gesundheitsdirektoren machen sich Sorgen. Seit Tagen und Wochen steigen die Corona-Fallzahlen wieder. Besonders im Fokus steht derzeit der Kanton Waadt, der mit Abstand am meisten Neuinfektionen verzeichnet. Jeder dritte Fall in der Schweiz kommt im Moment aus der Waadt.

Und ausgerechnet das Sorgenkind lockert die Quarantäne-Bestimmungen! Neu muss nur noch in Quarantäne, wer mit einer infizierten Person in einer Beziehung ist oder zusammenlebt. Bisher waren alle betroffen, die sich in weniger als 1,5 Meter Abstand zu einem Infizierten während mindestens 15 Minuten aufgehalten haben.

Lockerung nicht im Sinn der GDK

«Grundsätzlich müssen die Kantone die Anstrengungen beim Contact Tracing aufrechterhalten», stellt Tobias Bär von der Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK) klar. «Aber bei einer starken Belastung müssen die Teams pragmatisch handeln und beurteilen, was noch machbar ist.»

Die Corona-Zahlen steigen und steigen: Waadts Gesundheitsdirektorin Rebecca Ruiz an der Medienkonferenz am Dienstag.
Foto: Keystone
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Denn die Lockerung hat durchaus mit den hohen Fallzahlen in der Waadt zu tun. Es sei schlicht nicht mehr möglich, alle Kontakte jedes Infizierten aufzuspüren. Ein Problem: Für das Contact Tracing gibt es in der Waadt zu wenig Personal. «In solch einem Fall muss man sich dann eben auf die engen Kontakte beschränken», findet GDK-Sprecher Bär. Und dann kann man eben auch nur diese in Quarantäne schicken.

Maskenpflicht sollte ausgeweitet werden

Für die Gesundheitsdirektoren ist es deshalb wichtig, dass die kantonalen und regionalen Massnahmen zur Eindämmung des Virus weiter eingehalten werden, wie sie am Freitag nochmals in einer Medienmitteilung unterstrichen. Die GDK empfiehlt deshalb die Einführung oder Ausweitung der Maskenpflicht auf Verkaufsgeschäfte und weitere öffentlich zugängliche Innenräume. Die Gesundheitsdirektoren würden die Schraube also gerne weiter anziehen.

Im Auge hat die GDK dabei unter anderem die Clubszene. So empfiehlt sie eine Personenobergrenze in Ausgehlokalen oder klar abgrenzbare Sektoren. Dabei seien die Kontaktdaten für jeden Sektor gesondert zu erheben. Wenn nötig, sollen Nachtclubs und Diskotheken auch wieder geschlossen werden.

Ganz wichtig seien zudem Schutzkonzepte bei Veranstaltungen. Und für private Feiern wird nicht nur eine maximale Gästezahl empfohlen; auch hier sollen die Kontaktdaten unbedingt erhoben werden.

Auswirkungen möglichst klein halten

«Es handelt sich um pragmatische Massnahmen, mit denen die Auswirkungen auf die Wirtschaft und der Eingriff in die persönliche Freiheit der Bürgerinnen und Bürger möglichst klein gehalten werden können», findet GDK-Präsident Lukas Engelberger (45).

Wichtig sei, dass Kantone und Regionen weiter Massnahmen treffen, die für ihre Situation passen. Und dabei sei gerade das Contact Tracing entscheidend, um das Virus eindämmen zu können, wird nochmals betont. Vielleicht dann doch nochmals ein Wink an den Kanton Waadt.

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