In elf Tagen müssen die Bewohner der 620-Seelen-Gemeinde Hohentannen TG einen neuen Präsidenten wählen. Drei männliche Kandidaten standen zur Auswahl. Bis gestern.
Werner Keller hat am Mittwoch seine Ambitionen begraben. Dies, nachdem die «Thurgauer Zeitung» ihn «geoutet» hatte. Das Regionalblatt hat nicht etwa pikante Details zu seinem Privatleben oder heikle politische Verstrickungen publik gemacht. Sondern einzig seinen Namen genannt.
Outing ist «zulässig»
Keller hatte dies zu verhindern versucht. Seine Begründung: Er befürchte negative Konsequenzen von seinem derzeitigen Arbeitgeber, wenn dieser erfährt, dass er für das Amt des Gemeindepräsidenten kandidiert. «Ich bin in einer Kaderposition, in der ich mir das nicht erlauben kann», sagte er der «Thurgauer Zeitung». Er sei einer, «der polarisiert», so Keller weiter. Einer, der hinstehe, die Wahrheit sage und direkt auf die Leute zugehe. «Doch das haben nicht alle Leute sehr gern.»
Ein Kandidat für das höchste lokalpolitische Amt, der anonym bleiben will? Für die Staatskanzlei des Kantons Thurgau ist diese Forderung nicht haltbar. Das Outing sei «zulässig», wie sie gegenüber der «Thurgauer Zeitung» sagte. «Für die Veröffentlichung des Namens der betroffenen Person spricht, dass sie für ein öffentliches Amt kandidiert und auf ihren Wunsch hin auch bereits ein Steckbrief über sie im offiziellen Gemeindeblatt der Gemeinde Hohentannen publiziert worden ist.»
Flugblatt, Gemeinde-Homepage, Vorstellungsrunde
Keller und seine Konkurrenten haben sich am 3. April auch an einer Vorstellungsrunde der Bevölkerung präsentiert. Und auf der Homepage der Gemeinde war sein Name als Kandidat ebenfalls aufgeführt. In der Gemeinde wusste also jeder, dass Keller Gemeindepräsident werden will. Respektive wollte.
Mit seinem Rückzug wurde aus dem Kandidatentrio am Mittwochmorgen also ein Duo. Doch bereits am Abend waren es schon wieder drei. Neu kandidiert neben den beiden Männern jetzt zusätzlich eine Frau.
Sorgenkind Lokalpolitik
Das Milizsystem ist ein wichtiger Pfeiler der Schweiz, doch er bröckelt: Viele Gemeinderatssitze werden heute nur mit Müh und Not besetzt. Das nationale Gemeindemonitoring 2017 etwa kam zum Schluss, dass jede zweite Gemeinde kaum Personal findet. Die Gründe sind vielfältig. Prestige und Entschädigung sind tief, der Aufwand und der Ärger dafür hoch. (nmz)