Sommer 2018: Das Schweizer Aussendepartement (EDA) erhält einen Brief von den Amerikanern. Der Inhalt des US-Schreibens gemäss «Le Temps»: Sie planen, Schweizer Dschihadisten und ihre Familien zu repatriieren – und zwar in die Schweiz.
Das Angebot hat allerdings seinen Preis: Satte 500'000 Dollar will die Administration Trump für den Service in Rechnung stellen. Der amerikanische Vorschlag wird abgewogen – und im Februar 2019 schliesslich abgelehnt. Neben Überlegungen, ob es notwendig sei, die Personen überhaupt zurückzunehmen, erachten die zuständigen Behörden auch die Kosten als nicht zu rechtfertigen, schreibt die welsche Zeitung.
Staatsbürgerschaft entziehen statt Rückführung
Seither herrscht im Bundesrat die Ansicht, die Schweizer IS-Kämpfer sollen in syrischer Gefangenschaft bleiben. Aktiv zurückholen will die Schweiz ihre Staatsbürger zumindest nicht. «Das oberste Ziel ist die Sicherheit der Schweiz», hiess es. In Einzelfällen werde geprüft, ob man Doppelbürgern, die sich dem IS angeschlossen haben, das Schweizer Bürgerrecht entziehe. Bei Minderjährigen will der Bundesrat im Einzelfall prüfen, ob Kinder und ihre Mütter zurückgeführt werden sollen, «wenn es das Kindeswohl erfordert».
Doch seit der Invasion der Türkei in Nordsyrien ist die Lage unübersichtlich. Das Risiko, dass die IS-Schergen aus kurdischen Gefängnissen fliehen können, ist gestiegen. Auch deshalb fordert Saskia Ditisheim, die Anwältin eines verdächtigten IS-Schweizers, vom Bundesrat ein Umdenken: «Mein Mandant hat das Recht auf ein faires Verfahren und eine Verteidigung, die die Schweiz garantieren muss, die aber in Syrien ein Wunschtraum ist», sagt sie zu «Le Temps». Wenn die Personen nicht zurückgeführt würden, würden sie ohne weitere Prüfung zusammenfassend vor Gericht gestellt. Das sei nicht akzeptabel.
FDP-Mann für Rückführung
«Die Gräueltaten, die Schweizer Dschihadisten begangen haben, müssen bestraft werden», sagt auch FDP-Ständerat Olivier Français (64, VD). Da die Kurden dazu nicht in der Lage seien und kein internationales Ad-hoc-Tribunal vorhanden sei, müsse die Schweiz die Möglichkeit prüfen, dass sie in der Schweiz vor Gericht gestellt würden.
Denn, so die Befürchtung von Français, sie würden früher oder später ohnehin zurückkehren. «Was bringt es, heute ein Problem aufzuschieben, das morgen schwieriger wird? In kurdischen Gefängnissen eingesperrt, verbessern sich diese Schweizer nicht. Im Gegenteil, sie werden radikaler.»
Gemäss Le Temps ist das Angebot der Amerikaner, Schweizer Dschihadisten zurückzuführen, nach wie vor gültig. (nmz)