Das steckt hinter dem Rückzieher zur Franchisenerhöhung
So trickst die SVP die SP aus

Eigentlich haben die Bürgerlichen bereits entschieden: Die Franchisen sollen künftig automatisch steigen. Doch jetzt macht die SVP einen Rückzieher. Der Trick: Die Erhöhung dürfte wenig später in ein Gesamtpaket kommen. Die SP schimpft über diese «politische Sauerei».
Publiziert: 21.03.2019 um 16:09 Uhr
|
Aktualisiert: 25.03.2019 um 14:30 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/11
Mit dem neuen Gesetz hätte die Krankenkassen-Franchise künftig automatisch der Kostenentwicklung angepasst werden – und damit steigen sollen. In der Schlussabstimmung vom Freitag wird es wohl versenkt.
Foto: Keystone
RMS_Portrait_AUTOR_1047.JPG
Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Gerade erst gaben National- und Ständerat grünes Licht: Kranke sollten künftig tiefer in die eigene Tasche greifen. Die Krankenkassen-Franchisen sollten automatisch der Kostenentwicklung angepasst werden – und somit steigen. Die Mindestfranchise von heute 300 Franken würde damit alle paar Jahre in 50-Franken-Schritten steigen.

Die SP hat bereits das Referendum angekündigt. Doch jetzt dürfte das Geschäft schon im Parlament Schiffbruch erleiden. Die SVP will die Vorlage in der Schlussabstimmung ablehnen. Auch in der CVP laufen entsprechende Diskussionen. Die SP und die Grünen bekämpfen die Vorlage sowieso.

«Dieser Entscheid muss angefochten werden»
1:31
Mindestfranchise steigt:«Dieser Entscheid muss angefochten werden»

Damit zeichnet sich ab, dass die Vorlage am Freitag in der Schlussabstimmung scheitern dürfte. «Die Franchisenerhöhung ist vorerst vom Tisch», sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (40) zu BLICK.

SP-Chef Christian Levrat (48) verlangt nun auch von den übrigen Bürgerlichen, «die Übung abzubrechen». Denn: «Sie haben offensichtlich keinen Plan in der Gesundheitspolitik.» 

Plan B der Bürgerlichen

Doch da könnte sich Levrat irren. Der Plan der Bürgerlichen ist offensichtlich: Wird die Franchisenvorlage am Freitag versenkt, wird das linke Referendum obsolet. Damit raubt die SVP der SP mitten im Wahljahr einen Wahlkampfschlager.

Denn die Franchisenerhöhung kommt bei vielen Stimmbürgern schlecht an. Noch bevor das Referendum überhaupt starten konnte, versprachen mehrere Tausend Leute, insgesamt mindestes 50'000 Unterschriften zu sammeln.

Versicherte später zur Kasse bitten

Die Bürgerlichen schaffen sich im Wahljahr eine unangenehme Debatte vom Hals. Und sie laufen sich zudem warm für ihr Franchisen-Trickli: Statt den Franchisen-Automatismus jetzt separat ins Gesetz zu schreiben und vors Volk zu bringen –  womit der Absturz programmiert wäre –, soll er später in ein Gesamtpaket eingebunden werden. 

Anlass dazu bietet das geplante Massnahmenpaket zur Kostendämpfung von SP-Gesundheitsminister Alain Berset (46), welches in der zweiten Jahreshälfte ins Parlament kommen dürfte. Dort will die SVP ansetzen, um die Versicherten zur Kasse zu bitten.

«Wir müssen die Kostenproblematik in einem Gesamtpaket lösen», betont Aeschi. Die Pharmaindustrie, Krankenkassen, Ärzte, Spitäler und Kantone müssten ihren Beitrag leisten – aber auch die Prämienzahler.

Ob der Franchisen-Automatismus in diesem Paket wieder zum Thema wird, «ist nicht zwingend», sagt Aeschi. Er verweist daher auf weitere Möglichkeiten, die Prämienzahler stärker an den Kosten zu beteiligen. «Diskutiert wird etwa eine Notfallpauschale für unnötige Spitalbesuche», so Aeschi.

SP im Referendums-Dilemma

Mit der Paketlösung würde die SVP die SP ins Referendums-Dilemma stürzen. «Das Kostendämpfungspaket beinhaltet enorm wichtige Massnahmen, wie zum Beispiel eine bessere Kostensteuerung, laufende Überprüfung der Tarife und tiefere Medikamentenpreise», sagt SP-Gesundheitspolitikerin Barbara Gysi (54, SG). 

Die SP wäre damit in der Zwickmühle: Mit einem Referendum würde sie nicht nur die verpönte Franchisenerhöhung, sondern eben auch ihr genehme Massnahmen abschiessen.

SP-Gysi: «Das wäre Volksverhöhnung»

Gysi warnt die Bürgerlichen nun davor, Franchisenerhöhungen in die Vorlage zu packen. «Damit würden sie die wichtigen Kostendämpfungsmassnahmen gefährden.» 

Ein solches Franchisen-Trickli fände sie auch unlauter gegenüber der Bevölkerung. Gysi: «Die Franchisenerhöhung jetzt zu versenken und diese kurz nach den Wahlen wieder aufs Tapet zu bringen, wäre Volksverhöhnung und eine politische Sauerei.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen