Fast 140'000 Personen überprüft
Jede vierte Kontrolle zeigt Verstösse gegen Schweizer Arbeitsregeln

Über ein Viertel der Kontrollen von in die Schweiz entsandten Arbeitskräften hat Verstösse gegen hiesige Lohn- und Arbeitsbedingungen aufgedeckt. Die Vollzugsorgane kontrollierten 2024 fast 140'000 Personen in über 36'000 Unternehmen.
Publiziert: 10.06.2025 um 12:18 Uhr
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Aktualisiert: 10.06.2025 um 13:06 Uhr
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Das Gesundheits- und Sozialwesen gehören zu den Branchen mit den meisten Lohnunterbietungen. (Archivbild)
Foto: CHRISTIAN BEUTLER
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) veröffentlichte am Dienstag die Berichte 2024 zu den flankierenden Massnahmen im Bereich der Personenfreizügigkeit und zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Die flankierenden Massnahmen bilden seit 2004 ein zentrales Dispositiv zum Schutz der Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Schweiz.

In Branchen mit allgemeinverbindlichen Arbeitsverträgen (ave GAV) betrug die Verstossquote 28 Prozent, schrieb das Seco. Bei Entsandten in Branchen ohne verbindliche Mindestlöhne wurden bei einem Fünftel der kontrollierten Unternehmen Lohnunterbietungen festgestellt. Bei den Schweizer Arbeitgebenden betrug die Lohnunterbietungsquote 10 Prozent. Im Bereich der selbständigen Dienstleistungserbringenden aus dem EU-/EFTA-Raum wurde über alle Branchen hinweg bei 7 Prozent eine Scheinselbständigkeit vermutet.

Handel, Gesundheits- und Sozialwesen am stärksten betroffen


Die meisten Lohnunterbietungen gab es gemäss dem Bericht im Handel, Gesundheits- und Sozialwesen oder bei Dienstleistungen für Unternehmen.

Im Vergleich zum Vorjahr seien die Kontrollen leicht zurückgegangen, hiess es weiter. Es wurden 7 Prozent der Schweizer Arbeitgebenden, 25 Prozent der Entsandten und 27 Prozent der grenzüberschreitenden selbständigen Dienstleistungserbringenden kontrolliert. Die Vollzugsorgane fokussieren ihre Kontrollen auf Bereiche, in denen eher Verstösse oder Unterbietungen vermutet werden. Die meisten Kontrollen wurden in der Industrie, dem Baunebengewerbe, Gastgewerbe oder dem Handel durchgeführt.

Knapp 1700 Verständigungsverfahren sind aufgrund der Unterbietung der üblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen im Jahr 2024 eröffnet worden. 88 Prozent der Verfahren mit Entsendebetrieben konnten erfolgreich abgeschlossen werden und bei Verfahren mit Schweizer Arbeitgebenden lag die Quote bei 56 Prozent, so das Seco.

Die Hälfte der Schweizer Betriebe, die gegen die Lohnregeln verstossen haben, seien nicht bereit ihre Löhne im Nachhinein anzupassen, schrieb der Gewerkschaftsbund Travail Suisse ebenfalls am Dienstag. Der Lohnschutz bleibe in den Branchen ohne ave GAV weiterhin lückenhaft und in Teilen zahnlos.

Sie erachten es als zwingend notwendig, die hohen Toleranzschwellen, die verschiedene Kantone bei den Lohnkontrollen zulassen, deutlich zu reduzieren und Betriebe in der Schweiz, die Löhne unterbieten, zu sanktionieren. Instrumente zum Lohnschutz werden trotz wiederholt festgestellter Lohnunterbietungen kaum eingesetzt.

Höchste Anzahl an Kontrollen seit der Einführung

Insgesamt würden die Berichte zur Umsetzung der flankierenden Massnahmen aber die hohe Bedeutung des Lohnschutzes für viele Arbeitnehmende unterstreichen, hiess es weiter. Ohne dichte Kontrollen und wirksame Sanktionen würden inländische Löhne und Arbeitsbedingungen in verschiedenen Branchen stark unter Druck geraten.

Im Rahmen der Schwarzarbeitsbekämpfung haben die kantonalen Kontrollorgane ihre Kontrolltätigkeit in den letzten Jahren laufend intensiviert. Im Jahr 2024 haben sie die höchste Anzahl an Kontrollen seit der Einführung des Bundesgesetzes gegen die Schwarzarbeit (BGSA) 2008 erreicht mit rund 14'500 Betriebs- und über 48'000 Personenkontrollen. Die Kontrollschwerpunkte lagen im Berichtsjahr wiederum beim Baunebengewerbe, Gastgewerbe, Handel und Bauhauptgewerbe.

Die kantonalen Kontrollorgane haben etwa 14'200 Verdachtsmomente an die zuständigen Behörden zur weiteren Abklärung übermittelt, hiess es im BGSA-Bericht 2024. Spezialbehörden haben über 3200 Rückmeldungen über getroffene Massnahmen und verhängte Sanktionen gemacht.

Die meisten Verdachtsmomente bei Betrieben gab es laut Bericht in den Kantonen Basel-Stadt und Bern. Bei den Personenkontrollen lagen die Kantone Basel-Stadt und Wallis vorne.

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