Wochenlang haben die Debatten gedauert, doch jetzt ist in der EU endlich ein Entscheid gefallen: Sie verhängt Sanktionen gegen Belarus! Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es im Land Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko (66), der bereits 26 Jahre an der Macht ist.
Konkret soll es nach derzeitigem Planungsstand Strafmassnahmen gegen 40 Personen geben, denen eine Beteiligung an Wahlfälschungen oder der gewaltsamen Niederschlagung von friedlichen Protesten vorgeworfen wird. Laut deutschen Medien handelt es sich bei den Sanktionen um Reise- und Kontosperren. Lukaschenko selbst ist nicht auf der Liste.
Zieht die Schweiz nach?
Die grosse Frage ist nun, ob und wie die Schweiz nachzieht. Denn sonst droht sie, indirekt zur Helferin Lukaschenkos zu werden – wenn nämlich die 40 Belarus-Funktionäre weiterhin in die Schweiz reisen oder hier Gelder anlegen könnten.
Beim Bund heisst es, Guy Parmelins (60, SVP) Wirtschaftsdepartement (WBF) sei zuständig, die Liste an Sanktionen gegen ausländische Personen und Organisationen nachzuführen. Beim zum WBF gehörenden Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hält man sich aber bedeckt. «Sollte die EU neue Sanktionen gegenüber Belarus rechtsgültig beschliessen, wird sich die zuständige Stelle damit befassen» so Sprecherin Livia Willi.
Damit auch die Schweiz durchgreift, braucht es einen Bundesratsentscheid – offen ist noch, ob und wann der gefällt wird. Willi verweist allerdings darauf, dass der Bundesrat bei früheren Sanktionen gegen Belarus 2006 nachgezogen hatte – und diese auch im Gleichschritt mit der EU jeweils anpasste.
Sanktionen sofort in Kraft
Es dürfte aber rasch gehen, bis die EU-Sanktionen rechtsgültig werden. Nach den Worten von EU-Ratspräsident Charles Michel (44) sollen sie sofort in Kraft gesetzt werden. Die Schweiz müsste sich inzwischen darauf vorbereitet haben. Sie dürfte es sich imagemässig nicht leisten können, bei den Sanktionen abseits zu stehen – und sich so zum Helfer der Entourage Lukaschenkos zu machen.
Mit den Strafmassnahmen will die EU zusätzlichen Druck auf die Führung in Belarus aufbauen und ein «Zeichen der Solidarität» mit den Menschen in dem Land setzen.
Der Grund dafür, dass sich die Strafmassnahmen derzeit nicht gegen Lukaschenko selbst richten, soll sein, dass man sich diplomatische Optionen zur Beilegung des Konflikts offen halten will. Sollte es nicht zu einem Einlenken kommen, dürfte der Kurs notfalls noch weiter verschärft werden.
EU steht Zypern im Streit mit der Türkei bei
Eigentlich wollte die EU bereits im August durchgreifen, bislang stellte sich aber Zypern mit einem Veto quer. Beim EU-Gipfel in Brüssel zog Zypern in der Nacht auf Freitag schliesslich sein Veto zurück. Dies gegen Zugeständnisse im Zusammenhang mit dem Streit mit der Türkei.