Der Arbeitgeberverband ist erfreut. Sprecher Andy Müller sagt zur Ankündigung des Travailsuisse-Präsidenten Adrian Wüthrich (42), dass er auch mit einer Voranmeldefrist von nur fünf Tagen leben könnte: «Wir sind erfreut, dass sich die Gewerkschaften bewegen, aber das reicht noch nicht.» Die Gewerkschaften wollten ja den Lohnschutz komplett von der dynamischen Rechtsübernahme ausklammern und auch von der EU-Gerichtsbarkeit ausnehmen. «Das wird die EU nicht mitmachen», meint er.
Müller räumt jedoch ein: «Es braucht aber tatsächlich Garantien der EU beim Lohnschutz, und Brüssel müsste den Sozialpartnern auch zusichern, dass sie weiterhin die Einhaltung der Arbeits- und Lohnregelungen überprüfen können. Das war im Insta ja noch nicht vorgesehen.» Letzteres, das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU, hatte der Bundesrat im vergangenen Jahr zu Grabe getragen.
Schutzniveau halten
Der frühere SP-Nationalrat Wüthrich betonte im Blick-Interview vom Mittwoch aber gleichzeitig, dass das heutige Niveau beim Lohnschutz beibehalten, ja besser noch erhöht werden muss. Nur dann könnte man die Regel ändern, dass sich ausländische Firmen, die aus der EU in die Schweiz kommen wollen, um hier Aufträge auszuführen, acht Tage vorher anmelden müssen.
Wüthrich kritisiert wie zuvor auch Mitte-Chef Gerhard Pfister (59), dass der Bundesrat gleichzeitig in Brüssel und im Inland Sondierungsgespräche zu den Beziehungen mit der EU durchführt. Das habe bereits einmal in die Sackgasse geführt, sagt der Arbeitnehmervertreter.
Kein EU-Beitritt
Laut Wüthrich müssten erst die strittigen Punkte innerhalb der Schweiz geklärt werden, bevor der Bund wieder in die EU reist. Manche flankierenden Massnahmen zum Lohnschutz seien in Brüssel in gewissen Punkten umstritten, hatte Wüthrich gesagt. Jetzt gelte es, Alternativen aufzuzeigen, die den Lohnschutz garantieren und im Inland auf Akzeptanz stossen.
Die Schweiz wolle «weder der EU beitreten noch sich mit Nachteilen beladen, die bei uns nie und nimmer mehrheitsfähig wären», sagte der Travailsuisse-Präsident. Bei gewissen Abkommen könne die Rechtsanpassung an die EU dynamisch erfolgen.
Weder Dynamisierung noch EuGH
Bei der Personenfreizügigkeit sei der automatische Nachvollzug aber nicht mehrheitsfähig, sagte Wüthrich. Und eben auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) will er nicht dreinreden lassen. Genau diese Haltung stört den Arbeitgeberverband unter dem Präsidium von Valentin Vogt (61).
Würthrich findet zudem, dass es falsch gewesen ist, die Unionsbürgerschaft beim gescheiterten Rahmenabkommen aussen vor zu lassen. Da hätte die Gefahr einer schleichenden Übernahme bestanden. Mit der Begrenzung auf Arbeitskräfte wäre diese Gefahr ausgeschaltet, und die Gefahr einer allgemeinen Einwanderung aus der EU in unsere Sozialwerke wäre gebannt.