Herr Schäubli*, der Bundesrat hat sich dazu entschieden, einseitig eine Schutzklausel einzuführen. Was hat ihn dazu bewogen?
Thomas Schäubli: Dem Bundesrat läuft die Zeit aus. Die EU wird nicht mit der Schweiz verhandeln, bis die Sache mit Grossbritannien ausgestanden ist. Will der Bundesrat aber die Termine der Masseneinwanderungsinitiative einhalten, dann muss er dem Parlament jetzt eine Vorlage vorlegen. Der Bundesrat sagt es selbst: Das ist der Plan B, eine Zwischenlösung. Das eigentliche Ziel ist eine einvernehmliche Lösung mit der EU.
Wie realistisch ist es, dass eine einvernehmliche Lösung mit der EU erreicht werden kann?
Es besteht ein gewisser Konsens, aber ob wirklich eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann, steht in den Sternen. Vergessen wir nicht: Nicht einmal Grossbritannien hat Kontingente zugestanden bekommen! Bundesrätin Sommaruga hat selbst gesagt, dass es nicht sicher ist, wie die EU auf die Einführung einer Schutzklausel reagieren wird. Die Rechtssicherheit ist mit dieser Vorlage also nicht gewährleistet. Es ist klar, dass diese Unsicherheit auf der Stimmung lasten wird. Für die Schweiz sind das keine gute Nachrichten.
Weshalb geht der Bundesrat dann diese Risiken ein?
Wie gesagt bleibt dem Bundesrat gar nichts anderes übrig, will er die Fristen der Masseneinwanderungsinitiative einhalten. Ausserdem will der Bundesrat die Masseneinwanderungsinitiative so umsetzen, wie sie von den Initianten angedacht wurde. Es war immer klar, dass es damit zur Konfrontation mit der EU kommen könnte. Vielleicht spekuliert der Bundesrat aber auch auf eine neue Volksabstimmung und darauf, dass das Schweizer Stimmvolk dann den bilateralen Weg über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative stellen wird.
*Thomas Schäubli ist Political Risk Analyst bei Wellershoff & Partners