Salathé fährt Kantonen plötzlich an den Karren
«Es funktioniert hinten und vorne nichts»

Epidemiologe Marcel Salathé teilt mächtig aus gegen die Behörden. Es funktioniere «hinten und vorne nichts» beim Contact Tracing. Vor drei Wochen sah er das noch ganz anders.
Publiziert: 28.08.2020 um 11:47 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2020 um 12:32 Uhr
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Beim Contact Tracing funktioniere «hinten und vorne nichts», kritisiert Epidemiologe Marcel Salathé.
Foto: Keystone

Marcel Salathé (44) äussert sich gerne und oft in den Medien. Der Epidemiologe begleitet die Corona-Krise mit markigen Worten. So auch heute. Im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» teilt der ETH-Professor mächtig aus.

«Es funktioniert hinten und vorne nichts», sagt er. «Beunruhigt» über die steigenden Fallzahlen nimmt Salathé insbesondere die Kantone ins Visier. Die Behörden hätten das Contact Tracing nicht im Griff. Sie seien viel zu langsam.

«Noch immer warten viele zwei, drei Tage auf das Testergebnis und dann nochmals zwei drei Tage, bis der Contact Tracer anruft», kritisiert Salathé. Die Behörden glaubten offenbar immer noch «das Virus passe sich den Bürozeiten der Beamten an». Mit seiner Kritik am Contact Tracing ist Salathé unter Fachleuten nicht alleine.

Salathés Slalom

Allerdings hat er einen beachtlichen Meinungswandel hinter sich. Noch vor drei Wochen stellte sich Salathé im BLICK-Interview demonstrativ vor die Kantone: «Ich habe den Eindruck, dass die meisten das Contact Tracing im Griff haben», sagte er damals. Und weiter: «Ich würde so wenig wie möglich national regeln.» Es sei viel vernünftiger, lokal Massnahmen zu treffen.

«Im Moment hat die Schweiz die Lage noch im Griff»
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Epidemiologe Marcel Salathé:«Im Moment hat die Schweiz die Lage noch im Griff»

Nun schlägt er plötzlich in die andere Richtung. Es brauche ein Umdenken bei den Kantonen. «Da muss endlich einer auf den Tisch hauen und sagen: So geht es nicht mehr.»

Salathé verteidigt App

Unverändert ist hingegen seine positive Haltung zur Covid-App, die er selber mitentwickelt hat. Bisher haben rund 2,2 Millionen Schweizer die App heruntergeladen. Zuletzt stagnierten jedoch die Nutzerzahlen.

Es würden in der Tat noch zu wenig Menschen die App nutzen, sagt Salathé. Doch: «Wir sind viel besser als das Ausland». In Frankreich würden etwa nur zwei Prozent der Bevölkerung die App nutzen. Hierzulande seien es immerhin 25 Prozent.

Das Problem liege nicht bei der App. Was hingegen verbessert werden müsse sei das Tracen und das Testen, wiederholt Salathé. «Das müssen wir ernst nehmen. Aber subito!» (til)

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